Ergebnis des Referendums Briten wollen raus aus der EU
Die Briten wollen mehrheitlich raus aus der Europäischen Union. Das Referendum gewannen die Brexit-Befürworter knapp, Premier Cameron steht vor einer ungewissen Zukunft. Die Folgen für Großbritannien sind ebenfalls schwer abzuschätzen, das Pfund stürzte ab. In Brüssel versucht man, Ruhe zu bewahren.
Die Europäische Union steht vor der größten Krise ihrer bisherigen Geschichte: Die Menschen in Großbritannien haben sich dafür ausgesprochen, die EU zu verlassen. Mit knapper Mehrheit zwar, doch das Ergebnis steht.
Die ganze Nacht über hatten nach Auszählung immer weiterer Wahlkreise immer mehr Ergebnisse auf einen Sieg der Befürworter des Brexit hingedeutet. Am Morgen wurde klar: Das Brexit-Lager hat gewonnen. 51,9 Prozent stimmten für den Austritt und 48,1 Prozent für den Verbleib. Die Wahlbeteiligung lag nach offiziellen Angaben bei 72,2 Prozent. Großbritannien ist damit das erste Land, das die EU verlässt.
Das Pfund stürzt ab
Das Ergebnis hat schwer einschätzbare Folgen sowohl für Großbritannien als auch für die EU. Das britische Pfund reagierte mit einem Kurssturz.
Schwere Niederlage für Cameron
Der Sieg für das Brexit-Lager ist eine schwere Niederlage für Premier David Cameron. Er hatte das Referendum bereits 2013 vorgeschlagen - vor allem mit dem innenpolitischen Kalkül, EU-Kritiker in den eigenen Reihen ruhigzustellen. Eine Strategie, die nicht aufgegangen ist. Cameron selbst stellte sich an die Spitze des "Remain"-Lagers, doch seine konservative Partei war tief gespalten.
Ob Cameron nun zurücktritt, ist unklar. Für den Vormittag kündigte er eine Erklärung an. Nigel Farage, Chef der rechtspopulistischen britischen Ukip-Partei und einer der Wortführer im Brexitlager, forderte Cameron zum sofortigen Rücktritt auf.
Politische Kräfte in Nordirland und in Schottland machten sich für eine Abspaltung von Großbritannien und den Verbleib in der EU stark. Schotten und Nordiren hatten mehrheitlich für den Verbleib in der EU votiert.
"Wir haben uns auf einen Brexit vorbereitet"
Innerhalb der EU geht die Sorge um, dass ein Brexit Austrittsbegehren auch in anderen Ländern der EU fördern könnte. "Out is out" warnte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker denn auch Brüssel - beim No werde keine Rückkehr möglich sein. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zuletzt ihren Wunsch bekräftigt, dass Großbritannien Teil der EU bleibe. Die Angst in vielen Hauptstädten ist groß, ein Brexit könne Nationalisten und Rechtspopulisten in ganz Europa Auftrieb geben.
In Brüssel wird es nun darum gehen, Geschlossenheit zu zeigen. Motto: Ein Land will raus, wir stehen zusammen. "Wir haben uns auf einen Brexit vorbereitet", reagierte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz demonstrativ nüchtern. Er sei auch "nicht geschockt" und habe einen solchen Ausgang des Votums vorher schon einkalkuliert, sagte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Der SPD-Politiker rechne nun mit einem schnellen Start der Austrittsverhandlungen mit Großbritannien.
Ruhe bewahren, keine Panik: EU-Parlamentschef Schulz demonstriert Gelassenheit.
"Nachahmer-Effekte" verhindern
Von einem "Warnschuss" für die 27 anderen Mitgliedsstaaten sprach der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok. "Wir müssen endlich ein Europa bauen, das liefert, was die Bürger von Europa erwarten", sagte der CDU-Politiker im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Brok sprach sich für ein hartes Vorgehen bei den bevorstehenden Trennungsgesprächen mit Großbritannien aus. "Draußen ist draußen", sagte der CDU-Politiker. Jetzt müssten "Nachahmer-Effekte" verhindert werden.
Die ersten Forderungen gibt es bereits: Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders rief nach einem Referendum über die EU-Mitgliedschaft seines Landes.
Die Außenminister der sechs Gründungsmitglieder der Europäischen Union beraten morgen in Berlin über die Folgen des Brexit-Referendums. An dem Treffen in der Villa Borsig, dem Gästehaus des Auswärtigen Amts, nehmen nach Angaben aus diplomatischen Kreisen Deutschland, Frankreich, Italien und die Benelux-Staaten teil. Gastgeber ist Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier.
Als erstes Mitglied der Bundesregierung reagierte Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf den Sieg der Brexit-Anhänger: