Warnungen vor EU-Austritt Großbritanniens Schäuble würde bei Brexit weinen
Finanzminister Schäuble hat sich in London für den Verbleib der Briten in der EU stark gemacht. Ohne Großbritannien sei die EU weniger stabil, warnte er und fügte hinzu: "Wir würden weinen". Frankreich droht sogar mit der Grenzöffnung in Calais.
Die Debatte über wirtschaftliche und politische Folgen eines möglichen Austritts Großbritanniens aus der EU intensiviert sich. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warnte, Europa wäre ohne Großbritannien in der EU weniger stabil und berechenbar. Eine geschwächte Gemeinschaft könne nicht im Interesse Londons sein, fügte er hinzu. Die EU benötige Großbritannien auch als Reformkraft, die für freie Märkte und freien Handel eintrete. Selbst wenn London aus der Gemeinschaft ausscheiden sollte, müsste es in der Zusammenarbeit und im Handel viele EU-Regeln befolgen. Auf die Frage nach einer Reaktion der Deutschen auf einen "Brexit" sagte Schäuble: "Wir würden weinen." Er hoffe, dass es nicht dazu komme.
Osborne für Verbleib in der EU
Schäubles britischer Kollege George Osborne machte sich auf der Jahrestagung der britischen Handelskammer für den Verbleib seines Landes in der EU stark. Bei einem Ausstieg aus der Gemeinschaft "wären mehr als 50 unserer Handelsabkommen mit anderen Staaten in der Welt automatisch zu Ende, denn es sind Handelsabkommen mit der EU".
Auch wenn die Wirtschaftsbeziehungen zu Brüssel nicht vollständig gekappt werden müssten, bestünde das Risiko, dass London "das Schlechteste beider Welten" bekomme, warnte Osborne: Es müsste weiter in den EU-Haushalt einzahlen, könnte aber nicht mehr mitbestimmen.
Der britische Autohersteller- und -Händlerverband teilte mit, 77 Prozent seiner Mitglieder seien für die weitere EU-Mitgliedschaft. Der Geschäftsführer der General-Motors-Tochter Vauxhall, Rory Harvey, sagte, sein Unternehmen profitiere von der Freizügigkeit in der EU und dem freien Warenverkehr. Rolls-Royce-Chef Torsten Müller-Ötvös erklärte, der Freihandel mit den EU-Ländern stehe bei einem Austritt infrage.
Drohungen aus Frankreich
Der französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron setzte Großbritannien unter Druck. Er machte deutlich, dass die bisher durchgezogene Flüchtlingspolitik am Hotspot Calais von der EU mit Großbritannien ausgehandelt sei - und Paris sich nach einem "Brexit" nicht mehr daran gebunden fühlen müsse.
Nach einem EU-Austritt könnte es damit vorbei sein, erklärte Macron der "Financial Times". Dann könnte die Vereinbarung, nach der Frankreich Tausende Flüchtlinge auf seiner Seite des Kanals aufhalte, ihre Gültigkeit verlieren. Die britische Regierung lehnt die Aufnahme der Menschen rigoros ab.
Präsident Francois Hollande wiederholte diese Äußerung bei einem Treffen mit dem britischen Premierminister David Cameron nicht. Er sagte, Frankreich werde keinen Druck ausüben, dies sei eine Entscheidung der britischen Wähler am 23. Juni
Britisches Referendum im Juni
Der EU-Gipfel vor zwei Wochen hatte Cameron mehrere Reformen zugesichert, sollte Großbritannien in der EU bleiben. So erhielte London die Möglichkeit, neu nach Großbritannien kommenden EU-Ausländern vier Jahre lang die Sozialleistungen zu kappen. Kurz nach der Einigung in Brüssel setzte Cameron das von ihm versprochene Referendum auf den 23. Juni an.