Corona-Krise in Brasilien 20.000 Tote und ein Präsident unter Druck
Mit über 20.000 Toten ist Brasilien nun eins der am stärksten von der Corona-Pandemie betroffenen Länder der Welt. Präsident Bolsonaro gerät durch einen weiteren Antrag auf Amtsenthebung weiter unter Druck.
In Brasilien hat die Zahl der offiziell verzeichneten Corona-Toten die Schwelle von 20.000 überschritten. Mit einem neuen Rekord von 1188 gemeldeten Todesfällen binnen 24 Stunden sei die Zahl auf 20.047 gewachsen, teilte das brasilianische Gesundheitsministerium mit. Die Zahl der Toten hat sich in den vergangenen elf Tagen verdoppelt.
Nachgewiesen wurden im bevölkerungsreichste Land Südamerikas mittlerweile 310.000 Ansteckungen - nach den USA und Russland ist Brasilien damit das am stärksten von der Corona-Pandemie betroffene Land weltweit.
Gemeinsamer Antrag auf Amtsenthebung
In der schwierigen Lage gerät Brasiliens ultrarechter Präsident Jair Bolsonaro weiter unter Druck: Mehrere Oppositionsparteien reichten gemeinsam mit Einzelpersonen der Zivilgesellschaft einen Antrag auf Amtsenthebung ein. Sie werfen Bolsonaro unter anderem Verbrechen im Amt vor. Er soll die Ausbreitung der Pandemie gefördert und damit Menschenleben riskiert haben, berichtet die Tageszeitung "Estado de São Paulo".
Es ist das erste Mal, dass kollektiv ein Antrag auf Amtsenthebung gestellt wurde. Dem Zeitungsbericht zufolge wurden innerhalb der 17-monatigen Amtszeit von Bolsonaro bislang 32 Anträge auf Amtsenthebung eingereicht, die Parlamentspräsident Rodrigo Maia allerdings alle nicht zur Beratung zuließ.
"Gefahr für das ganze Volk"
Die Vorsitzende der Arbeiterpartei, Gleisi Hoffmann, appellierte an den Parlamentspräsidenten, den aktuellen Antrag beraten zu lassen. "Bolsonaro hat keine politischen, administrativen und menschlichen Fähigkeiten, Brasilien zu regieren", sagte Hoffmann. Sein Verhalten in der Corona-Pandemie sei eine Gefahr für das ganze Volk.
Die brasilianische Verfassung setzt hohe Hürden für eine Amtsenthebung. Unter anderem müssen Abgeordnetenhaus und Senat mehrheitlich dafür stimmen, dass ein Amtsenthebungsverfahren überhaupt eingeleitet wird.
Bolsonaro hatte die Pandemie mehrfach als "kleine Grippe" und "Inszenierung der Medien" bezeichnet und sich den von den Gouverneuren verhängten Quarantäne-Maßnahmen widersetzt. Innerhalb eines Monats haben zwei Gesundheitsminister im Streit über den Umgang mit der Pandemie die Regierung verlassen.
Trotz der hohen Totenzahlen erneuerte Bolsonaro erst gestern seinen Ruf nach Lockerungen der von den Bundesstaaten angeordneten Beschränkungen, um die Wirtschaft des Landes wiederzubeleben.
Derweil breitet sich das Virus weiter aus. Besonders in den Armengebieten des Landes sind viele Menschen durch die Pandemie in noch größere Not geraten. In den dicht besiedelten Favelas sind Hygienemaßnahmen und Isolierung kaum einzuhalten. Zudem können viele Bewohner die Gebiete nicht mehr verlassen, um in den Städten Arbeit zu suchen. Sie sind auf Unterstützung von Hilfsorganisationen angewiesen.
Mit Informationen von Ivo Maruscyk, ARD-Studio Buenos Aires