Volkskongress in China Vollversammlung im Schatten des Krieges
Chinas Volkskongress ist zu seiner jährlichen Vollversammlung zusammengekommen. Der Ukraine-Krieg könnte zumindest indirekt eine Rolle spielen - so fürchtet China etwa Einfuhrstopps von Technologie für die Rüstungsindustrie.
Die traditionelle Pressekonferenz einen Tag vor Beginn des Nationalen Volkskongresses. Das Thema Krieg in der Ukraine wird hier nicht angesprochen. Dennoch spielen die aktuellen Spannungen auf der Weltbühne eine Rolle. Auf Nachfrage einer Hongkonger Zeitung erklärt Pressesprecher Zhang Yesui Chinas Anti-Sanktions-Gesetz, das vergangenes Jahr beschlossen wurde. Wer China mit Sanktionen belege, müsse mit Gegenmaßnahmen rechnen, so der Sprecher. China wisse sich zu schützen.
Auch wenn sich die rund 3000 Delegierten ab heute in der Großen Halle des Volkes in Peking treffen, werden die Ereignisse in der Ukraine sicherlich nicht öffentlich diskutiert werden. Die Folgen der russischen Invasion dürften aber indirekt eine Rolle spielen beim Nationalen Volkskongress.
Jacob Gunter vom China-Thinktank MERICS mit Sitz in Berlin erwartet keine grundlegenden Änderungen des geplanten Ablaufs des Volkskongresses. Dennoch dürften bestimmte Entscheidungen angepasst werden, beispielsweise was Konjunkturprogramme angehe.
Weltweit werden Schäden für die Wirtschaft erwartet, China möchte sich langfristig besser gegen Sanktionen und andere Einflüsse von außen schützen, möchte die Binnenwirtschaft stärken und so unabhängiger von Exporten werden - aber auch von Importen - beispielsweise von Hochtechnologie.
China fürchtet Einfuhrstopps
"In den Bereichen, in denen sich Russland jetzt Sanktionen ausgesetzt sieht, wird China sich besser wappnen. Zum Beispiel wird CIPS weiter ausgebaut werden, die chinesische Alternative zum internationalen Zahlungssystem SWIFT", so Gunter. "Das wird aber auch wichtige Technologien betreffen. Eine der ersten Sanktionen gegen Russland war ein Einfuhrstopp für Mikrochips, die für die Rüstungsindustrie verwendet werden können. Das ist eine große Sorge Chinas."
Der Nationale Volkskongress trifft sich einmal im Jahr und ist die größte gesetzgebende Versammlung der Welt. Die Abgeordneten sind nicht demokratisch gewählt und stimmen traditionell allem zu, was vorgeschlagen wird. Etliches von dem, was besprochen und beschlossen wird, dringt erst während oder nach dem mehrtägigen Treffen an die Öffentlichkeit. Viele Sitzungen finden hinter verschlossenen Türen statt.
Krieg dürfte wirtschaftliche Erwartungen dämpfen
Beim Nationalen Volkskongress werden die Budgets der kommunistischen Regierung verabschiedet. Außerdem teilt die Staats- und Parteiführung mit, welches Wirtschaftswachstum sie im laufenden Jahr erwartet: Für 2022 rechnet sie mit 5,5 Prozent Wachstum. Im vergangenen Jahr war Chinas Wirtschaft um 8,1 Prozent gewachsen.
Daneben wird es auch um Wohlstand für alle gehen, ein Kernthema von Staats- und Parteichef Xi Jinping. Weitere Themen: die Rechte von Frauen stärken, die Macht großer Konzerne begrenzen und Auswege aus Chinas strikter Null-Covid-Strategie.
Unabhängig von den Entwicklungen in der Ukraine könnte auch der künftige Umgang der Volksrepublik mit Taiwan eine Rolle spielen, meint der chinesische Politikwissenschaftler Wu Qiang.
Die kommunistische Staatsführung betrachtet die demokratisch regierte Insel als eigenen Landesteil und droht regelmäßig mit einem militärischen Einmarsch. "Ende letzten Jahres hat die Partei eine neue Taiwan-Strategie vorgelegt. Diese ist wichtig und direkt mit Xi Jinpings zukünftiger Rolle verknüpft", so Wu Qiang.
Der Staats- und Parteichef hat den Anschluss Taiwans als eins seiner wichtigsten Ziele ausgegeben. Im Herbst will sich Xi auf einem Parteitag für eine weitere Amtszeit bestätigen lassen.