Drohender deutscher Lieferstopp UN fordern weitere Afghanistan-Hilfen
In Afghanistan haben die Taliban Frauen verboten, für Nichtregierungsorganisationen zu arbeiten. Außenministerin Baerbock kündigte eine harte deutsche Position an. Die UN dringen darauf, dass Deutschland weiter an den Hilfslieferungen festhält.
Die stellvertretende UN-Generalsekretärin Amina Mohammed hat Deutschland und die anderen EU-Staaten davor gewarnt, wegen der frauenfeindlichen Politik der Taliban in Afghanistan humanitäre Hilfslieferungen zu stoppen. Regierungen müssten den Steuerzahlern erklären, warum man einem Land Geld gebe, das Frauen so diskriminiere, sagte Mohammed unter anderem der Nachrichtenagentur dpa in Brüssel.
Mohammed: Ohne Hilfen sterben Menschen
Die unangenehme Wahrheit sei aber, dass Frauen und Kinder in Afghanistan ohne Hilfe aus dem Ausland sterben würden. "Es gibt Temperaturen von minus 30 Grad", sagte die Vize-Generalsekretärin. "Und es gibt Menschen, die nicht wissen, woher sie ihre nächste Mahlzeit bekommen."
Ziel der internationalen Gemeinschaft müsse sein, die militant-islamistischen Taliban über Druck in anderen Bereichen zur Rücknahme von diskriminierenden Entscheidungen gegen Frauen oder zumindest zu mehr Ausnahmeregelungen zu bewegen. Als Beispiel nannte sie die weitgehenden Beschäftigungs- und Ausbildungsverbote für Frauen, die auch Tätigkeiten für Hilfsorganisationen einschließen.
Arbeitsverbot für Frauen in NGOs
Ende Dezember wurde Frauen verboten, für Nichtregierungsorganisationen zu arbeiten. Das Arbeitsverbot kann laut einigen Menschenrechtsorganisationen schwerwiegende Folgen für die humanitäre Hilfe im Land haben. Einige Hilfswerke haben ihre Projekte bereits ganz oder teilweise eingestellt. Wegen des Verbots fehle es deutschen und internationalen Organisationen an Mitarbeitern.
Zu den Organisationen, die ihre Projekte ganz eingestellt haben, zählt unter anderem die Welthungerhilfe. "Wir wissen auch noch nicht, wann und unter welchen Bedingungen es weiter gehen kann", sagte Sprecherin Simone Pott der Nachrichtenagentur epd. "Wir gehen davon aus, dass dadurch noch mehr Menschen hungern und frieren müssen." Laut den Vereinten Nationen sind etwa zwei Drittel der Bevölkerung, mehr als 28 Millionen Menschen, auf Hilfe angewiesen, um zu überleben.
Die medizinische Hilfe ist demnach bislang aber von den Beschränkungen ausgenommen. Daher ist die Arbeit etwa vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) sowie "Ärzte ohne Grenzen" nach eigenen Angaben bisher nicht eingeschränkt.
Diskurs in der EU
In der EU wird diskutiert, ob weiter Entwicklungshilfe geleistet werden kann. Außenministerin Annalena Baerbock hatte am Montag bei einem EU-Treffen eine harte deutsche Position angekündigt und das Arbeitsverbot scharf kritisiert. "Wir dürfen uns als internationale Gemeinschaft nicht zum Handlanger machen", sagte sie in Brüssel. Wo Frauen nicht mehr arbeiten dürften, dürften auch deutsche Hilfsgüter nicht mehr ankommen. Es sei brutal zu sehen, dass die Taliban damit Millionen von Menschen von der internationalen Hilfe abgeschnitten hätten.
In Afghanistan sind die Taliban nach dem Abzug der internationalen Truppen seit Sommer 2021 wieder an der Macht. Vor allem wegen einer massiven Beschränkung von Frauenrechten in diversen Bereichen stehen sie international scharf in der Kritik. So sind Mädchenschulen ab der siebten Klasse in weiten Teilen des Landes geschlossen. Der Besuch von Universitäten ist seit Dezember für Frauen ebenfalls tabu.