Türkei Massenhaft gefälschte Dollar im Umlauf
Ein Skandal um gefälschte Dollarscheine erschüttert die Türkei. Offenbar sind Banknoten im Wert von 600 Millionen Dollar im Umlauf. Der Devisenhandel ist weitgehend zum Erliegen gekommen. Die Zentralbank ist alarmiert.
Seit der osmanischen Zeit ist der Große Basar - Kapali Carsi - in Istanbul das wichtigste Zentrum für Handel und Finanztransaktionen in der Türkei. Ursprünglich bekannt für den Handel mit Gold und Silber, entwickelte sich der Kapali Carsi zum Zentrum des Devisenhandels.
Die hier festgelegten Wechselkurse sind ein bedeutender Indikator für Markterwartungen und wirtschaftliche Trends. Hier sollen laut Experten bis zu vier Milliarden Dollar im Monat den Besitzer wechseln. Das hat sich nun dramatisch geändert.
Ein Juwelier, der seit 1970 im Großen Basar von Istanbul tätig ist, erklärte gegenüber der Tageszeitung Hürriyet: "Die Fälscher haben diese Scheine auf originalem Dollarpapier gedruckt. Solche Vorfälle haben wir zuletzt während der Saddam-Hussein-Ära erlebt."
Geldzählmaschinen erkennen Fake-Dollar nicht
Ein Treffen mit Sait Bakistanli: Er arbeitet seit mehr als 30 Jahren im Großen Basar, ist Besitzer einer Wechselstube und Experte für den Devisen- und Schmuckmarkt im Basar. Um 20 Prozent sei das Volumen des Dollar-Handels gerade zurückgegangen, sagt der Händler.
Vor allem alte 100-Dollar-Noten und neue 50-Dollar Scheine seien das Problem. Die Geldzählmaschinen würden die gefälschten Scheine nicht erkennen, deshalb würden viele Händler gerade keine Dollar mehr annehmen oder die Kommission um bis zu zehn Prozent erhöhen.
Von Panik will der erfahrene Geschäftsmann Bakistanli nicht sprechen, die Situation müsse aber genau beobachtet werden. "Es herrscht eine vorsichtige Stimmung auf dem Markt", sagt er. Und dies wirke sich auch auf den äußerst wichtigen Goldmarkt aus.
Wechselstuben weigern sich, Devisen umzutauschen.
Auch Banken betroffen
Auch in vielen Banken tauchen die gefälschten Scheine auf. Laut dem Nachrichtensender CNN Türk sollen die Institute ihre Angestellten zur Vorsicht gemahnt haben. Mustafa Ünver, Vorsitzender des Verbands der Wechselstuben, machte gegenüber Hürriyet Fälscher im Nahen Osten, in Asien und auf dem Balkan für die Entwicklung verantwortlich.
Das Problem bestehe schon seit sechs Wochen. Man habe aber erst jetzt davon erfahren. Der Devisenhandel mit Dollar sei nun fast zum Erliegen gekommen.
Dollarkrise trifft Exporteure
Auch die Exportunternehmen in der Türkei stehen vor schwierigen Zeiten. Denn einige Banken sollen sich Berichten zufolge weigern, deren Dollar umzutauschen.
Das Problem schildert Musa Evin, Vizepräsident des Verbandes der Hersteller ökologischer Kleidung und Mitglied der Istanbuler Handelskammer, dem Online-Portal Duvar. Evin erklärt, dass türkische Exporteure Zahlungen für ihre Ausfuhren in ausländischer Währung erhielten. Sie seien dann verpflichtet, 30 Prozent dieser Deviseneinnahmen in türkische Lira umzutauschen.
Die verbleibenden Devisen tauschen die Firmen dann je nach Bedarf und Kursentwicklung um. Da die Inflation in der Türkei hoch ist, ist dies oft ein profitables Geschäft. Am Monatsende werden dann die Gehälter und Schecks mit der Wechselsumme bezahlt.
Möglicherweise können Löhne nicht ausgezahlt werden
Aufgrund des Falschgeld-Skandals sind die Banken und Wechselstuben jedoch nicht bereit oder weigern sich, Devisen umzutauschen.
Wenn die Exporteure ihre Devisen aber nicht umtauschen könnten, seien sie nicht in der Lage, die Löhne zu zahlen, so Evin. Außerdem würde die Nichteinlösung von Schecks und anderen Zahlungen ihre Kreditwürdigkeit bei Banken und auf dem Markt beeinträchtigen.
Der Exporteur fordert von der Regierung, Maßnahmen gegen das Falschgeld zu treffen, damit den Unternehmen und ihren Mitarbeitern kein Schaden entsteht. Im schlimmsten Fall könnte ihnen gar die Zahlungsunfähigkeit drohen.
Fünf Verdächtige festgenommen
Die Regierung kündigt Aufklärung an. Laut Generalstaatsanwalt wurden fünf Verdächtige bereits festgenommen. Und auch die türkische Zentralbank will mit den Justizbehörden zusammenarbeiten, um das Problem anzugehen. Die Zentralbank arbeitet wohl an einer neuen technologischen Infrastruktur, um Betrugsmaschen zu erkennen.
Eine Quelle aus Finanzkreisen sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass es aber keine Probleme im Finanzsystem gebe.