Neue Seidenstraße China bindet Laos an sich - per Zug
China eröffnet die erste Teilstrecke seiner "Neuen Seidenstraße" durch Südostasien. Das Projekt soll das wirtschaftlich kaum entwickelte Laos ökonomisch voranbringen - und wird die Abhängigkeit von Peking vergrößern.
Nach fünf Jahren Bauzeit haben Laos und China eine Zugstrecke eingeweiht, die die laotische Hauptstadt Vientiane mit China verbindet. Das kleine Land im Süden seines großen Nachbarn ist der einzige Binnenstaat Südostasiens und hatte bislang kein Eisenbahnnetz.
Die von China gebaute Strecke schneidet auf 400 Kilometern mit 242 Tunneln und Brücken durch bergiges Terrain und endet direkt an der Grenze zu Thailand. Was bislang eine mühselige Tagesreise war, dauert jetzt nur noch ein Viertel der Zeit.
Mit Hochgeschwindigkeit in Richtung Laos: Der Zug von Kunming nach Vientiane überquert in China den Fluss Yuanjiang.
Die Zugverbindung ist eines von Hunderten Entwicklungsprojekten, die Peking unter dem Schlagwort "Neue Seidenstraße" zusammenfasst. Die hochambitionierte, Billionen Euro schwere Initiative hat den Ausbau strategischer Infrastruktur in mehr als 60 Ländern Asiens, Europas und Afrikas zum Ziel. Auch der Hochgeschwindigkeitszug durch Laos ist nur der Anfang einer Strecke, die schließlich durch Thailand, Malaysia und bis nach Singapur führen soll.
Unmut über hohe Fahrpreise
Der internationale Handel solle so zum Nutzen aller beteiligter Länder gefördert werden, so Peking. Tatsächlich braucht das wirtschaftlich stark unterentwickelte Laos dringend bessere Infrastruktur. Die Bahnverbindung könnte helfen, Transportkosten zu senken, Industrie, Handel und Tourismus zu stärken und die Wirtschaft zu diversifizieren, erklären auch Befürworter des Projekts in Laos. Aus der bislang nachteiligen geographischen Lage - eingezwängt zwischen den wirtschaftlich starken Nachbarn Thailand, Vietnam und China - könnte ein strategisch günstiges Handelskreuz werden.
Doch bis dahin ist es ein langer Weg für Laos. Die meisten der sieben Millionen Menschen in dem Ein-Parteien-Staat unter nominell kommunistischer Führung leben in armen ländlichen Gebieten und können sich eine Fahrt nicht leisten. In den sozialen Medien machte sich der Unmut über zu hohe Preise schon Luft.
Tänzerinnen in traditioneller Kleidung unterhielten die Fahrgäste bei der ersten Fahrt des Schnellzugs.
4400 Menschen mussten für den Bau der Trasse zudem ihr Land verlassen, anderen wurde die Wasserversorgung abgeschnitten. Viele von ihnen haben bisher keine angemessene Entschädigung erhalten, meldet die Organisation "Lao Movement for Human Rights". Umweltschützer beklagen, dass der Bau ökologisch sensible Lebensräume zerstört habe und bedrohte Arten weiterem Druck aussetze.
Und es ist zweifelhaft, wie stark die laotische Privatwirtschaft profitieren können wird. Die geringe Zahl der Haltestellen lege nahe, dass die Strecke kaum für die Nutzung durch Laoten geplant sei. Laut Experten ist die Zugverbindung in erster Linie darauf ausgelegt, den Export chinesischer Waren zu begünstigen und China schnell mit Häfen in Drittländern zu verbinden. Vor allem der im Vergleich zu den Boomregionen an der Ostküste wirtschaftsschwache Süden und Westen Chinas würde durch die neue Exportstrecke gestärkt - ein zentrales Vorhaben der Regierung in Peking.
Wie viele Menschen im Bahnhof von Vientiane in den Schnellzug Richtung Thailand und China steigen werden, muss sich zeigen - vielen Bürgern von Laos sind die Tickets vorerst viel zu teuer.
Gefahr der Schuldenfalle
Besondere Sorgen macht Beobachtern aber die Abhängigkeit von China, in die Laos sich mit dem Projekt potenziell begibt. Die Bahn in Laos wird von einem Joint-Venture aus chinesischen und laotischen Staatsunternehmen betrieben, an dem die chinesischen Parteien 70 Prozent der Anteile halten. Um die Kosten in Höhe von 5,3 Milliarden Euro für die von China gebaute Strecke finanzieren zu können, nahm Laos zudem einen hohen Kredit bei China auf.
Schon vorher schuldete das Land seinem größten Gläubiger China eine Summe in Höhe von zwei Dritteln seiner jährlichen Wirtschaftsleistung. Falls der Bahnbetrieb sich nicht rentieren und das Unternehmen zahlungsunfähig werden sollte, könnte Laos sich gezwungen sehen, zusätzlich die gesamten Schulden des Unternehmens zu übernehmen, um die Strecke weiter betreiben zu können. Diese Schulden allein würden dann gut einem Fünftel der jährlichen Wirtschaftsleistung von Laos entsprechen.
Chinas Rivale in Laos: Thailand
Alternativ könnte Laos den Bahnbetrieb ganz an China abgeben müssen. Ähnliches geschah Ende letzten Jahres, als Laos aus genau dem Grund die Mehrheitsanteile an seinem Stromnetz an einen chinesischen Staatsbetrieb übertrug. Viele Beobachter befürchten, dass Laos durch diese Schuldenfalle immer mehr in der Hand Chinas ist - und dass China dies nutzen könnte, um das Land strategisch politischem Druck auszusetzen.
Während Laos oft als Vasall Chinas bezeichnet wird, betreibt Vientiane seit langem eine Balance-Diplomatie gegenüber seinen größeren Nachbarn. Traditionell ist Vietnam der politische Senior-Partner von Laos, wiederum ein Rivale Chinas. Thailand ist der größte Handelspartner von Laos, eine wichtige Quelle von Investitionen und kulturell eng mit Laos verflochten. Japan und Südkorea sind seit langem wichtige Entwicklungshilfe-Partner. Und in den USA fordern manche Strategen ein verstärktes Engagement in Laos, um dessen Abhängigkeit von China zu kontern. Doch bis auf Weiteres, so scheint es, wird China seinen Einfluss in Laos weiter ausbauen können.