Vermuteter Hamas-Unterschlupf Zahlreiche Todesopfer bei Angriff auf Schulgebäude
Bei einem Angriff auf eine Schule im Gazastreifen sind laut Israels Armee zahlreiche Hamas-Terroristen getötet worden. Das UNRWA spricht von mindestens 35 Toten. Aus Kliniken hieß es, bei den meisten Toten handele es sich um Frauen und Kinder.
Die israelische Armee hat ein Schulgebäude im Gazastreifen angegriffen, in dem laut Armee 20 bis 30 Mitglieder der militant-islamistischen Terrorgruppe Hamas und des Palästinensischen Islamischen Dschihads (PIJ) Unterschlupf gesucht und die Schule für ihre Aktivitäten missbraucht hätten.
Die Mitglieder der Terrorgruppen hätten sich in drei verschiedenen Klassenräumen der Schule im Flüchtlingsviertel Nuseirat befunden. Erste Erkenntnisse wiesen darauf hin, dass viele von ihnen bei dem Angriff getötet worden seien, sagte der Militärsprecher Peter Lerner - darunter auch Terroristen, die bei den Angriffen auf Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen seien.
Palästinenser trauern vor einem Krankenhaus um Angehörige, die laut palästinensischen Angaben bei dem israelischen Angriff auf die Schule getötet wurden.
UNRWA: Mindestens 35 Todesopfer
Die Schule wird vom UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA betrieben. Zur Zahl der Toten gibt es verschiedene Angaben. Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde gab an, dass bei dem Angriff mindestens 30 Menschen ums Leben gekommen seien. Die Hamas sprach von 40 Todesopfern. Das Al-Aksa-Märtyrer-Krankenhaus in der Stadt Deir el-Balah gab an, dass mindestens 37 Personen getötet wurden.
Eine Sprecherin des UNRWA sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es habe 35 bis 45 Todesopfer gegeben, die genaue Zahl sei aber nicht bestätigt. Aus Klinikkreisen im Gazastreifen hieß es zudem, die meisten Opfer seien Frauen, Kinder und Jugendliche. Mehr als 50 weitere Menschen seien verletzt worden. In dem bombardierten Gebäude hatten palästinensischen Angaben zufolge auch Vertriebene Schutz gesucht.
Israel: Keine Kenntnisse über mögliche zivile Opfer
DIe israelische Armee teilte mit, dass die Schule in den vergangenen Tagen beobachtet worden sei. Der Angriff wurde zweimal verschoben, um zivile Opfer zu vermeiden, erklärte der Militärsprecher Lerner. Binnenflüchtlinge hätten sich nicht in dem angegriffenen Bereich aufgehalten und das Militär habe aktuell keine Kenntnisse über mögliche zivile Opfer infolge des Angriffs, sagte er. Die widersprüchlichen Aussagen der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Innerhalb eines Monats sei es der fünfte bekannte Fall, in dem Terroristen der Hamas und des PIJ Einrichtungen der UNRWA für ihre Zwecke missbrauchten, so die israelische Armee. "Sie nutzen diese Einrichtungen, weil sie sich relativ sicher fühlen", so Lerner. "Für uns ist das äußerst besorgniserregend." Dies halte das Militär aber nicht davon ab, gegen die Hamas und den PIJ vorzugehen.
UNRWA-Chef: Angriff kam "ohne Vorwarnung"
UNRWA-Chef Philippe Lazzarini erklärte auf der Plattform X, die Schule sei "ohne Vorwarnung" angegriffen worden. Wie weitere Gebäude des UN-Palästinenserhilfswerks wurde die Schule auch als Schutzraum für durch die Kämpfe vertriebene Zivilisten im Gazastreifen genutzt.
In der Schule hätten zum Zeitpunkt des Angriffs 6.000 Menschen Schutz gesucht, so Lazzarini. "Ein weiterer schrecklicher Tag in Gaza." Die Anschuldigungen, dass bewaffnete Gruppen sich in der Notunterkunft aufgehalten hätten, seien schockierend. "Wir können diese Behauptungen jedoch nicht überprüfen."
Seit Beginn des Gaza-Kriegs seien bereits mehr als 180 UNRWA-Gebäude getroffen und dabei mehr als 450 Vertriebene getötet worden, so Lazzarini weiter. "UN-Gebäude anzugreifen, ins Visier zu nehmen oder für militärische Zwecke zu nutzen, ist eine eklatante Missachtung des humanitären Völkerrechts." Dies könne nicht zur neuen Norm werden.
EU-Außenbeauftragter fordert Untersuchung
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte eine Untersuchung des Angriffs. "Diese fürchterliche Nachricht muss unabhängig untersucht werden", erklärte er auf X. Berichte aus dem Gazastreifen zeigten "wieder und wieder, dass Gewalt und Leid weiterhin die einzige Realität für hunderttausende unschuldige Zivilisten" seien.
Seit Kriegsbeginn dienen Schulgebäude des UN-Palästinenserhilfswerks häufig Binnenflüchtlingen als Zufluchtsort - auch in der Hoffnung, dass Israel die UN-Gebäude in der Regel nicht gezielt angreift. Israel wiederum wirft der Hamas immer wieder vor, aus zivilen Einrichtungen heraus zu operieren und Zivilisten damit in Gefahr zu bringen oder bewusst als Schutzschild zu missbrauchen.
Auch die US-Regierung forderte Aufklärung über die Hintergründe. Wenn Israel versuche, gezielt 20 bis 30 Extremisten zu töten, aber dabei auch Kinder ums Leben kommen, sei etwas falsch gelaufen, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. Israel sei verpflichtet, alles zu tun, damit keine Zivilisten zu Schaden kommen.