Krieg in Nahost Israel bestätigt Angriff auf Krankenwagen
Israels Armee hat im Gazastreifen einen Krankenwagen angegriffen, der nach ihren Angaben von Terroristen genutzt wurde. Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium widerspricht. An der israelischen Nordgrenze gab es erneut Beschuss.
Israels Armee hat bei ihrem Vormarsch im Norden des Gazastreifens nach eigenen Angaben einen von der islamistischen Hamas benutzten Krankenwagen angegriffen. Dabei seien mehrere Terroristen "neutralisiert" worden, teilte die Armee mit.
Das von der militant-islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium widersprach dieser Darstellung. In dem Krankenwagen seien Verwundete transportiert worden, die in Ägypten behandelt werden sollten. Der Angriff geschah demnach vor dem Eingang des Schifa-Krankenhauses in der Stadt Gaza. 13 Menschen seien dabei getötet und 26 weitere verletzt worden. Die Angaben beider Seiten lassen sich derzeit nicht unabhängig prüfen.
Von Israels Armee hieß es, bei dem beschossenen Gebiet handele es sich um eine "Kampfzone". Das Militär hatte Zivilisten mehrfach aufgefordert, zu ihrer eigenen Sicherheit in den Süden zu fliehen. Das Schifa-Krankenhaus dient nach israelischer Darstellung auch als Hamas-Kommandozentrum. Israelische Medien berichteten zuletzt unter Berufung auf Sicherheitskreise, die Hamas soll rund 30.000 Menschen im Umkreis der Klinik konzentriert haben, damit diese als "menschliche Schutzschilde" dienten.
Guterres: Zivilisten nicht als Schutzschild missbrauchen
Der Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO, Tedros Adhonam Ghebreyesus, zeigte sich erschüttert über die jüngsten Berichte über den Beschuss des Krankenwagens. "Wir wiederholen: Patienten, medizinisches Personal, Einrichtungen und Krankenwagen müssen jederzeit geschützt werden. Immer", schrieb er auf der Plattform X. Der WHO-Chef forderte eine sofortige Feuerpause.
Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres äußerte sich entsetzt über den Angriff. Die Bilder von auf der Straße liegenden Leichen seien "erschütternd". Er habe die von der Hamas in Israel verübten Terroranschläge "nicht vergessen", erklärte Guterres und forderte erneut die Freilassung der Geiseln.
Der UN-Generalsekretär mahnte eine Achtung des humanitären Völkerrechts an. Dazu gehöre der Schutz von Zivilisten und ziviler Infrastruktur. Zivilisten dürften nicht als menschliche Schutzschilde missbraucht werden. Guterres forderte auch eine Lieferung humanitärer Hilfsgüter in den Gazastreifen in einem Umfang, der "dieser dramatischen Situation Rechnung trägt". Zudem mahnte er erneut eine humanitäre Feuerpause an.
Bodeneinsatz geht weiter
Die israelische Armee gab an, bei einem weiteren Bodeneinsatz gegen die Hamas "Dutzende Terroristen" getötet zu haben. Es habe am Vortag zahlreiche Versuche gegeben, die israelischen Truppen aus Tunnelschächten und militärischen Einrichtungen im nördlichen Gazastreifen anzugreifen, teilte die Armee mit. Die Soldaten hätten Terroristen getötet, Waffen der Hamas gefunden und Tunnelschächte freigelegt, die für Terrorzwecke genutzt würden.
Israelische Panzer hätten im Norden des Gazastreifens drei Beobachtungsposten der Hamas zerstört und bei Gefechten mit 15 Terroristen mehrere von ihnen getötet, hieß es weiter. In der Nacht habe die israelische Armee zudem im südlichen Gazastreifen eine gezielte Razzia durchgeführt, um Gebäude zu räumen und Sprengsätze zu entschärfen.
Blinken in Jordanien
Das Gesundheitsministerium in Gaza sprach zuletzt von 9.220 Toten im Zuge der israelischen Reaktion auf die Hamas-Angriffe vom 7. Oktober. Die Forderungen nach einer humanitären Feuerpause, wie sie zuletzt auch von US-Außenminister Antony Blinken bei seinem Besuch in Israel vorgebracht wurden, lehnt die Regierung von Premierminister Benjamin Netanyahu nach wie vor ab. Netanyahu fordert als Bedingung für eine solche Feuerpause die Freilassung der nach Gaza verschleppten israelischen Geiseln: "Ich habe deutlich gemacht, dass wir mit Volldampf weitermachen und dass Israel jede temporäre Feuerpause ablehnt, die nicht die Freilassung der entführten Israelis beinhaltet", sagte er nach dem Treffen mit dem US-Außenminister.
Nach seinem Besuch in Israel will Blinken heute in der jordanischen Hauptstadt Amman mit seinen Amtskollegen aus Saudi-Arabien, Ägypten und anderen Ländern der Region über den Gaza-Krieg beraten. Jordanien wolle sich vor dem Treffen mit arabischen Staaten abstimmen, um "den israelischen Krieg gegen Gaza und die dadurch verursachte humanitäre Katastrophe zu beenden", meldete die jordanische Nachrichtenagentur Petra unter Berufung auf einen Sprecher des jordanischen Außenministeriums.
Die US-Regierung rechnet einem Medienbericht zufolge in den nächsten Tagen mit dem Beginn einer neuen Phase des israelischen Feldzugs gegen die Hamas. Der Sender CNN berichtete unter Berufung auf einen ranghohen Regierungsbeamten in Washington, die Regierung von Präsident Joe Biden rechne mit einer Reduzierung der Luftangriffe und einem fortan stärkeren "taktischen Fokus auf die Bodenkampagne". Demnach dürfte es darum gehen, das riesige Netz unterirdischer Tunnelkomplexe zu räumen, von denen aus die Hamas operiere.
Erneute Gefechte an libanesischer Grenze
Unterdessen gab es an der israelischen Nordgrenze zum Libanon erneut Gefechte. Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge Terrorzellen im Libanon attackiert, die versucht hätten, Ziele in Israel anzugreifen. Das Militär habe zudem mehrere Raketenstarts aus dem Nachbarland registriert und die Orte des Beschusses angegriffen, wie die Armee auf Telegram mitteilte. Berichte über Verletzte gab es den Angaben nach zunächst nicht. Seit Ausbruch des jüngsten Gaza-Kriegs kommt es in dem Grenzgebiet immer wieder zu Gefechten.
Auch aus dem Gazastreifen wurden weitere Raketen auf Israel abgefeuert. Es habe Alarm in einem Kibbuz nahe dem Gazastreifen gegeben, teilte das Militär mit.