Nach Umbruch in Syrien Was könnte sich im Iran ändern?
Der Umbruch in Syrien wirkt sich auf den ganzen Nahen Osten aus. Im Iran hoffen viele, dass sich nun Grundlegendes ändert. Die Machthaber geben sich nach außen stark - Analysten sehen das Regime allerdings geschwächt.
In Syrien fegen Gruppen wie die HTS Diktator Baschar al-Assad weg. Auch wenn es - zumindest früher - Kämpfer des IS waren, setzen Menschen auf eine bessere Zukunft unter ihnen.
Der Umbruch in Syrien wirkt sich auf die ganze Region aus. Nach der Schwächung der Hisbollah im Libanon verliert das Regime im Iran mit Syrien einen weiteren Partner in der sogenannten "Achse des Widerstands". Im Iran allerdings scheint es so ruhig zu sein wie lange nicht.
"Stimmung hat sich verbessert"
Und doch brodelt es dort. Wenige Tage nach dem Sturz des Assad-Regimes rufen Frauen in einer vollbesetzten U-Bahn in Teheran: "Oh, wie werden wir unterdrückt! Iran, einst ging es dir so gut - wie elend geht es dir jetzt." Sie wissen: Nicht das syrische Volk selbst konnte seine Freiheit erkämpfen. Eine zumindest früher islamistische paramilitärische Gruppe hat Assad vertrieben.
Und doch meinen etliche im Iran, auch in ihrem Land könnte sich nun Grundlegendes ändern - so wie Verkäufer Salman: "Ich glaube nicht, dass der Sturz Assads das iranische Regime beängstigt. Aber die Menschen sind ermutigt worden. Ihre Stimmung hat sich stark verbessert, und diese gute Stimmung wird dem Regime Angst machen."
Chamenei macht USA und Israel verantwortlich
Das Regime gibt sich dagegen unbeeindruckt. Vor Getreuen versucht der oberste religiöse Führer Ajatollah Ali Chamenei, den Ton zu setzen: "Es besteht kein Zweifel: Die Ereignisse in Syrien sind das Ergebnis eines amerikanischen und zionistischen Plans."
Die USA und Israel stecken nach Ansicht des Regimes hinter allem, was in der Region nicht in seinem Sinne läuft. Dabei sei der Sturz Assads gar kein Schaden. Im Gegenteil, beschwört Chamenei seine Gefolgsleute.
Die vom Iran geschmiedete "Achse des Widerstands" gehe aus den Ereignissen letztlich gestärkt hervor: Durch die göttliche Kraft werde der Widerstand die gesamte Region stärker erfassen als in der Vergangenheit, so Chamenei.
Widerstand gegen Chamenei?
Tatsächlich könnte Widerstand wachsen. Allerdings weniger gegen den Westen, sondern gegen Chamenei und sein Regime, meint die 25-jährige Ingenieurin Hilda: "Von wegen 'Die Achse des Widerstands ist nicht geschwächt.' Das in Syrien war ein großartiges Ereignis für uns Menschen hier - und für den ganzen Nahen Osten."
Auch für Hossian, ein früherer Lehrer, der jetzt zum Überleben Taxi fährt, ist der Fall klar: "Der Sturz Assads ist eine Niederlage für die iranische Regierung."
Regime im Iran geschwächt
Nader Karimi-Juni ist politischer Analyst im Iran. Er bestätigt die Einschätzung, wonach die "Achse des Widerstands" und damit das Regime im Iran geschwächt ist.
Er führt aus, worin genau diese Niederlage besteht: "Der Iran hat jetzt weder Zugang zum Libanon noch zu Syrien. Und wegen der Annäherung der neuen syrischen Führung an den Westen hat der Iran Einfluss und seine sichere Pufferzone zu Israel verloren und ist geschwächt."
Und zwar so sehr geschwächt, dass sich das Regime zurücknimmt, sagen einige im Iran. Es traue sich weder, den Benzinpreis anzuheben, noch das verschärfte Kopftuchgesetz umzusetzen.
Wunsch nach Veränderung
Hasan ist Obst- und Gemüsehändler. Er spricht unumwunden aus, was vermutlich viele im Land denken. Die Zeit des Regimes in seiner jetzigen Form ist abgelaufen: "Es muss sich schnell reformieren. Wenn es an der Diktatur festhält, wird es mit Sicherheit zusammenbrechen, hundertprozentig. Früher oder später wird es zusammenbrechen."
Nach "Aufstand" und "Umsturz von innen" klingt es bei Hasan und den anderen aber nicht. Zu tief dürften bei vielen noch die Eindrücke der niedergeschlagenen Bewegung "Frau, Leben, Freiheit" sitzen. Doch der Wunsch nach Veränderung und die Hoffnung darauf keimen neu auf.