Jamshid Sharmahd sitzt in einem Gerichtsasaal in Teheran (Archiv)

Nach Todesurteil 2023 in Teheran Deutsch-Iraner Sharmahd hingerichtet

Stand: 28.10.2024 20:58 Uhr

Vor vier Jahren wurde der Deutsch-Iraner Sharmahd in den Iran verschleppt. Die Justiz warf ihm Terrorismus vor und verurteilte ihn 2023 zum Tode. Nun wurde er hingerichtet - trotz internationaler Kritik.

Der deutsch-iranische Doppelstaatsbürger Jamshid Sharmahd ist im Iran hingerichtet worden. Wie das offizielle Justizportal Misan bekannt gab, erfolgte die Exekution am Morgen.

Die Bundesregierung hatte in der Vergangenheit die Aufhebung des Urteils und Sharmahds Freilassung gefordert. Irans Justiz verweigerte bis zuletzt konsularischen Zugang - ein übliches Vorgehen bei Gefangenen mit iranischer Staatsbürgerschaft.

Ein Revolutionsgericht hatte Sharmahd im Frühjahr 2023 wegen Terrorvorwürfen verurteilt. Hintergrund dürfte sein Engagement in der iranischen Exil-Oppositionsgruppe "Tondar" (Donner) sein. Die iranische Staatsführung wirft der monarchistischen Organisation vor, für einen Anschlag im Jahr 2008 in der Millionenstadt Schiras mit mehreren Todesopfern verantwortlich zu sein. Gemäß islamischer Rechtsauffassung wurde Sharmahd wegen "Korruption auf Erden" verurteilt.

Das Todesurteil war im April 2023 durch den Obersten Gerichtshof des Iran bestätigt worden. Überprüfen lassen sich die Vorwürfe nicht. Sharmahds Familie und Menschenrechtler wiesen die Anschuldigungen vehement zurück und kämpften bis zuletzt für seine Rettung. Seine in den USA lebende Tochter Gazelle warf dem Auswärtigen Amt regelmäßig Untätigkeit vor.

Jahrelang in den USA gelebt

Sharmahd wurde in der iranischen Hauptstadt Teheran geboren, wuchs in Deutschland auf und lebte zuletzt in den USA. Im Sommer 2020 wurde er unter mysteriösen Umständen während einer Reise aus Dubai in den Iran verschleppt; mehrere Berichte sprechen von einer Entführung durch den iranischen Geheimdienst. Seitdem saß er in Isolationshaft. Zuvor hatte er jahrelang in den USA gelebt.

Kritiker bezeichneten den Prozess gegen ihn als unfair. Sharmahd durfte keinen eigenen Anwalt wählen, sein Aufenthaltsort blieb bis zuletzt unbekannt. Geständnisse, die im Staatsfernsehen ausgestrahlt wurden, könnten unter Folter erzwungen worden sein.

Die Vollstreckung des Todesurteils dürfte in den diplomatischen Beziehungen zwischen Teheran und Berlin zu neuen Spannungen führen. Obwohl der Iran die Todesstrafe rigoros vollstreckt, sind Hinrichtungen westlicher Ausländer äußerst selten. 

Baerbock kündigt "schwerwiegende Folgen" an

Außenministerin Annalena Baerbock verurteilte die Hinrichtung scharf. "Jamshid Sharmahd wurde aus Dubai nach Iran verschleppt, ohne faires Verfahren jahrelang festgehalten und jetzt getötet", erklärte die Grünen-Politikerin. "Seiner Familie, mit der wir immer im engsten Austausch waren und sind, gilt mein ganzes Mitgefühl für diesen schrecklichen Verlust."

Man habe in Berlin jeden Tag an dem Fall gearbeitet. Mehrfach sei ein hochrangiges Team in den Iran entsandt worden. "Dabei haben wir Teheran immer wieder unmissverständlich klar gemacht, dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird." Die Ministerin sprach von einem "menschenverachtenden Regime", das gegen seine eigene Bevölkerung und gegen ausländische Staatsangehörige vorgeht. "Dies unterstreicht, dass offensichtlich auch unter der neuen Regierung niemand sicher ist."

Merz fordert Ausweisung des iranischen Botschafters

CDU-Chef Friedrich Merz, der eine politische Patenschaft übernommen hatte, kritisierte die Hinrichtung scharf und forderte von der Bundesregierung die Ausweisung des iranischen Botschafters. "Die Vollstreckung des Todesurteils gegen unseren Mitbürger Jamshid Sharmahd ist ein scheußliches Verbrechen", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Der Prozess gegen ihn sei ein Hohn für die internationalen Maßstäbe an rechtsstaatliche Verfahren. "Ich rufe die Bundesregierung zu einer entschlossenen Antwort auf."

Der Ansatz der "stillen Diplomatie" sei gescheitert. "Die Beziehungen mit dem Iran gehören angesichts der staatlich gewollten Tötung eines deutschen Staatsbürgers auf den Prüfstand", so Merz. "Der iranische Botschafter muss ausgewiesen werden."

Renata Alt (FDP), Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, sprach von einer "schrecklichen Nachricht". Die brutale Hinrichtung sei "ein weiterer Beleg dafür, dass mit diesem Terrorregime keine konstruktiven Verhandlungen möglich sind". 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 28. Oktober 2024 um 18:00 Uhr.