Baerbock bei G20-Treffen in Indien "Stoppen Sie diesen Krieg - heute"
Beim Treffen der G20-Außenminister in Indien sprach Außenministerin Baerbock ihr Hauptanliegen an: Sie rief Russland auf, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. Indiens Premier Modi rief die Mächte zur Geschlossenheit auf.
Außenministerin Annalena Baerbock sieht in der G20-Runde der Außenminister der führenden Industrie- und Schwellenländer weitgehende Einigkeit bei der Forderung nach einem schnellen Ende von Russlands Krieg in der Ukraine. "Hier an diesem G20-Tisch haben 19 Länder deutlich gemacht, dass dieser Krieg enden muss. Dass sie alle endlich Frieden wollen", sagte die Grünen-Politikerin. Dies habe auch Russlands Außenminister Sergej Lawrow sehr deutlich registriert.
Baerbock: "Es ist gut, dass Sie zuhören"
An Russland gerichtet rief Baerbock dazu auf, den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden. "Stoppen Sie diesen Krieg. Stoppen Sie die Verletzung unserer internationalen Ordnung. Stoppen Sie die Bombardierung ukrainischer Städte und Zivilisten", forderte sie nach Angaben aus Delegationskreisen. Sie wandte sich dabei direkt an Russlands Außenminister Sergej Lawrow.
"Es ist gut, dass Sie hier im Saal sind, um zuzuhören", sagte Baerbock zu dem russischen Minister. "Stoppen Sie den Krieg. Nicht in einem Monat oder einem Jahr, sondern heute." Sie fügte hinzu: "Denn jede Familie, die einen Vater, einen Bruder, eine Mutter, ein Kind verliert, verliert eine ganze Welt." Es gebe kein Recht des Stärkeren, seinen kleinen Nachbarn zu überfallen.
Beim G20-Treffen im vergangenen Jahr hatte Lawrow die Runde der Außenminister verlassen, damit er sich keine Kritik anhören musste. Baerbock verwies darauf, dass es unter den G20-Mitgliedern unterschiedliche Sichtweisen zum Krieg in der Ukraine gebe. "Aber was uns alle eint, ist, dass es keinen einzigen Ort auf der Welt gibt, an dem der russische Krieg positive Folgen hat." Dazu gehöre auch Russland selbst. Dies zeigten Tausende Menschen, die Russland verließen und die Wirtschaftsdaten des Landes.
Waffenlieferung aus China wäre Kriegsunterstützung
Baerbock traf sich auch mit ihrem neuen chinesischen Kollegen Qin Gang: Angesichts von Spekulationen über Waffenlieferungen aus China an Russland pochte die deutsche Außenministerin darauf, die UN-Charta einzuhalten. Sie habe deutlich gemacht, dass die Lieferung von Waffen oder von Gütern, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden könnten, "Unterstützung eines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs wäre", sagte sie mit Blick auf den Krieg in der Ukraine.
Als Ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat habe China die Aufgabe, "für den Weltfrieden einzutreten und nicht einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zu unterstützen", sagte Baerbock. Die chinesische Seite habe darauf hingewiesen, "dass man das nicht täte, was eine gute Nachricht wäre".
Kürzlich hatte es Meldungen gegeben, wonach China Russland Drohnen für Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine überlassen könnte. China hat den russischen Einmarsch in der Ukraine bis heute nicht verurteilt.
Lawrow will weiter mit China zusammenarbeiten
Russlands Außenminister Lawrow sucht offenbar weiter die Unterstützung Chinas. Bei einer ersten persönlichen Begegnung mit seinem neuen chinesischen Kollegen Qin Gang sprach Lawrow von "weitreichenden Plänen zur Entwicklung unserer bilateralen Zusammenarbeit". Beide Länder seien ein "Stabilitätsfaktor im System der internationalen Beziehungen", sagte Lawrow nach einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax.
Moskau sucht ein Jahr nach Beginn seines Angriffskriegs gegen die Ukraine enge Beziehungen zu Peking. Russland hofft auf Unterstützung aus China für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine, auch mit Waffenlieferungen.
Modi ruft zu Geschlossenheit auf
Indiens Premierminister Narendra Modi rief vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu Geschlossenheit auf. Man solle sich nicht auf Angelegenheiten konzentrieren, die man nicht zusammen lösen könne - sondern auf solche, die man lösen könne, sagte Modi zu Beginn des Treffens in einer Videoansprache in der Hauptstadt Neu-Delhi.
Modi beklagte, dass die zwei Hauptziele der Nachkriegsordnung - Konflikte zu verhindern und Kooperation zu fördern - in die Ferne gerückt seien. "Die Erfahrung der letzten zwei Jahre - Finanzkrise, Pandemie, Terrorismus und Kriege - zeigt klar, dass das globale Regierungshandeln bei beiden Mandaten versagt hat", erklärte er.
Modi: Gegen andere Krisen vorgehen
Ihm sei durchaus klar, dass man in einer Zeit tiefgreifender globaler Spaltungen lebe. Dennoch so, mahnte Modi, die Länder sollten entschieden gegen andere Krisen vorgehen. Die Chefdiplomaten sollten nicht zulassen, dass aktuelle Spannungen Chancen auf Vereinbarungen zunichte machten, die bei der Lebensmittel- und Energiesicherheit, dem Klimawandel und der Schuldenkrise erzielt werden könnten.
Die Minister sollten sich etwa um Herausforderungen wie Wachstum, Entwicklung, Katastrophenresilienz, finanzielle Stabilität, grenzüberschreitende Kriminalität sowie Lebensmittel- und Energiesicherheit kümmern. Solche Themen betreffen auch besonders den Globalen Süden, um den sich Indien bei seiner G20-Präsidentschaft dieses Jahr kümmern möchte.
Gastgeberland Indien nimmt in Bezug auf den russischen Angriffskrieg eine neutrale Haltung ein und hat gute Beziehungen zu westlichen Ländern und zu Moskau.