Behindertensport in China Am Ball statt immer nur drinnen
Menschen mit Behinderung fühlen sich in China noch immer diskriminiert, besonders im öffentlichen Raum. Ein Fußballclub in Shanghai für Menschen mit Behinderung will das ändern.
Ein Fußballplatz mit Kunstrasen in Shanghai. In roten Trikots kicken hier junge Erwachsene mit geistiger Behinderung: Balltraining um Hütchen, spielerisches Lauftraining und dann das Highlight - ein Abschlussspiel.
"Ich liebe Fußball. Ich liebe Fußball", wiederholt der 29-jährige Tan Huiquan immer wieder. Er ist einer derjenigen, die am meisten sprechen. "Ich liebe es mit meinen Mitspielern zusammen Fußball zu spielen, wir trainieren zusammen."
Seine Teamkollegin Yang Ye hat erst im vergangenen Jahr angefangen. "Ich mag Sport", antwortet sie knapp und sagt auf Nachfrage: "Mein Papa unterstützt, dass ich Fußball spiele."
Das Fußballspielen soll den jungen Leuten helfen, mal rauszukommen.
Amateursport für Behinderte nicht von Anfang an gefördert
2014 wurde der Verein offiziell registriert und war nach Angaben der Gründer damit der erste offizielle Fußballverein für Menschen mit Behinderung in der Volksrepublik. Während China viel in Spitzensport für Menschen mit Behinderung investiert, Talente entdeckt und fördert, war das für den Amateursport für behinderte Menschen nicht vorgesehen, erzählt der Gründer des Vereins Zhong Ming:
Als ich am Anfang anderen versucht habe von dem Vorhaben zu erzählen, haben sie nicht daran geglaubt. Das war nicht einfach. Wir haben dann alle selbst zusammengelegt für die Trainingsausrüstung, Geld für Mitarbeiter und Trainer. Das war schwierig am Anfang.
Mittlerweile wird sein Projekt von der Regierung finanziell unterstützt.
Große Vorbehalte im ländlichen Raum
In der Gesellschaft in China gilt es häufig noch als Schande, ein Kind mit Behinderung auf die Welt zu bringen. Besonders auf dem Land, erzählt Professor Yang Lixiong von der Pekinger Volksuniversität: "Es gibt immer noch Menschen, die ihre behinderten Kinder aussetzen oder sie abtreiben. Das passiert immer weniger, aber es existiert noch und es reflektiert, wie Teile der Gesellschaft in China auf behinderte Menschen schaut."
Obwohl es in der Volksrepublik geschätzt 85 Millionen Menschen mit Behinderung gibt, sieht man sie auf den Straßen kaum. "Die chinesische Gesellschaft hat immer noch eine Tendenz, Menschen mit Behinderung zu stigmatisieren. Das heißt, sobald eine Person rausgeht, fühlt sie sich diskriminiert und will deshalb nicht unbedingt in den öffentlichen Raum", so Yang.
Nicht immer barrierefrei
Auch in Unternehmen sind Menschen mit Behinderung als Arbeitskräfte kaum vertreten. Was Barrierefreiheit angeht, wird die Infrastruktur auf den Straßen zwar besser, aber es ist längst nicht auf dem Niveau von reichen Industriestaaten. Es gibt immer noch Menschen im Rollstuhl, die zum Beispiel in Häusern ohne Aufzug leben.
Trainer auf dem Spielfeld. Der Anfang sei schwer gewesen.
Fußballspielen: Endlich mal rauskommen
Zurück auf dem Fußballplatz in Shanghai: Die Menschen, die hierher kommen, leben entweder in einer Pflegeeinrichtung oder bei ihren Eltern. Sie sind geistig beeinträchtigt, ihre Bewegungen sind langsamer.
Zhong Ming, der Gründer des Vereins, wollte, dass die Kinder und jungen Erwachsenen mit Behinderung endlich mal rauskommen und sich bewegen können. Auch er hatte beobachtet, dass die Kinder eher vom Leben draußen ferngehalten werden.
Er ist überzeugt, dass sich durch das Fußballtraining auch die allgemeine Gesundheit der jungen Menschen verbessern kann. "Fußball ist ein einfacher Sport und nach dem Training merken die Eltern, dass die Kinder fröhlicher sind. Ihre Kommunikation nimmt zu. Deshalb finden die Eltern das jetzt gut und schicken ihre Kinder gerne zum Fußball."