Christmette in Bethlehem "Wir wollen, dass die Feindseligkeiten aufhören"
In Bethlehem herrscht in diesem Jahr keine weihnachtliche Feststimmung. Der Lateinische Patriarch hielt in der Geburtskirche eine ungewöhnlich politische Weihnachtspredigt - mit klaren Forderungen.
Zur Christmette in Bethlehem herrscht in diesem Jahr kein großer Andrang. Kaum Besucher von außerhalb sind da. Keine Feststimmung. Alle hier denken in diesen Tagen an den Krieg in Gaza. Jane Diek, die hier geboren wurde und in einem Souvenirgeschäft arbeitet, hat immerhin eine weihnachtliche Mütze auf. Dieses Jahr gibt es kein Problem für sie, einen Platz in der Kirche zu bekommen. "Jesus wurde heute geboren, wir gehen nur zum Gottesdienst, das ist alles", sagt sie. "Aber innen drin sind wir alle traurig. Ich, meine Familie, sogar mein Vater hat geschrien: Menschen sterben da."
"Dieser Unsinn muss aufhören"
Drinnen ist es immerhin ein wenig festlich - an einem der wichtigsten Feiertage der Christenheit. Als der Lateinische Patriarch seine Predigt beginnt, wird sofort klar, dass auch seine Botschaft in diesem Jahr eine andere ist. Er wolle zwar nicht zu politisch werden, sagt er, aber er habe etwas zu sagen.
Und dann spricht er davon, dass er dieses Jahr, dieses Weihnachtsfest nicht feiern könne, ohne nach Gaza zu schauen. Er spricht von den vielen Toten und Verletzten dort und vom großen Leid in diesem Krieg: "Es reicht nicht, über eine Waffenruhe zu sprechen. Wir wollen keine Waffenruhe, wir wollen, dass diese Feindseligkeiten aufhören. Definitiv und dauerhaft", sagt der Patriarch. "Denn Gewalt schafft nur neue Gewalt. Das geht so nicht. Dieser Unsinn muss aufhören."
"Es ist Zeit, die Besatzung zu beenden"
Pierbattista Pizzaballa, der Lateinische Patriarch, hält in diesem Jahr eine sehr politische Weihnachtspredigt. Thema ist das Leid vieler Israelis, aber vor allem auch das Leid der Palästinenser - deren Situation schon vor dem Gaza-Krieg nicht gut war: "In dieser Situation leben die Palästinenser viel zu lange. Auch wenn sie in ihrem eigenen Land leben, hören sie immer, dass es für sie keinen Platz gibt. Jahrzehntelang haben sie auf die internationale Gemeinschaft gewartet, um eine Lösung zu finden, um die Besatzung zu beenden und die Konsequenzen daraus, unter denen sie gezwungen sind zu leben. Ja, es ist Zeit, die Besatzung und all ihre Konsequenzen zu beenden."
Ein Satz aus der Weihnachtsgeschichte habe ihn in den vergangenen Wochen besonders beschäftigt. Er lautet: Und es gab keinen Platz für sie. So wie es der Heiligen Familie vor 2000 Jahren erging, so sieht er jetzt auch seine überwiegend palästinensische Gemeinde: "Die Frage ist: Wo ist dieses Jahr Weihnachten? Wo können wir nach dem Heil suchen? Wo kann das Kind geboren werden, wo es doch scheint, es gibt keinen Platz für ihn in unserer Welt", so der Lateinische Patriarch Pierbattista Pizzaballa.
Bei den Gläubigen in der Geburtskirche in Bethlehem herrschte trotz des Weihnachtsfestes überwiegend Traurigkeit angesichts des Leids.
Moment der Verbundenheit
Und dann gibt es noch einen Moment der Verbundenheit. Denn die Christmesse aus Bethlehem wird auch in das katholische Gemeindezentrum nach Gaza-Stadt übertragen. Dort suchen gerade Hunderte Christen Schutz - und feiern Weihnachten in ständiger Angst. Der Lateinische Patriarch spricht sie direkt an und schickt eine große Umarmung nach Gaza.
Und dann stimmt die Gemeinde noch ein palästinensisches Kirchenlied an - da kann man sich vorstellen, wie alle zusammen singen, in Bethlehem und in Gaza. Das ist dann schon fast ein tröstlicher Moment, bei dieser Weihnachtsfeier, die so anders ist als alle anderen.