Russland blockiert Syrien-Hilfe Tauziehen um das letzte Nadelöhr
Im Norden Syriens sind Millionen Menschen auf humanitäre Unterstützung angewiesen. Doch Russland blockiert die Fortsetzung des UN-Programms. Das spielt Syriens Machthaber Assad in die Hände.
Mal wieder ist der kleine Grenzübergang Bab al-Hawa nahe der nordsyrischen Stadt Idlib im Fokus der Weltöffentlichkeit. Einmal im Jahr, wenn die Vereinbarung wieder ausläuft, wird er zum Spielball der Diplomatie. Und damit auch die Nothilfe für Millionen Menschen, die vor dem syrischen Machthaber Baschar Al-Assad an die türkisch-syrische Grenze geflohen sind.
Sie leben hier in Flüchtlingslagern. Es gibt kaum Arbeit, kaum Perspektiven. Reem Ahmed Al-Rahmon ist eine von ihnen. Sie kam vor etwa drei Jahren in das Camp nahe der Stadt Idlib. "Ich habe neun Kinder, die ich versorgen muss. Wie soll ich sie ernähren, wenn die Hilfe nicht mehr kommt? Woher soll ich dann noch Medikamente bekommen?", fragt sie, während sie auf dem Boden sitzend das Essen für ihre Familie vorbereitet.
Ein Nadelöhr im Nordosten Syriens
Lebensmittelpakete, Medikamente, Zelte und Decken kommen über den Grenzübergang Bab al-Hawa. Es ist der letzte, der nicht vom Assad-Regime kontrolliert wird. Ein Nadelöhr im Nordosten Syriens, durch das alleine die UN jeden Monat etwa 1000 Lastwagen mit Hilfsgütern schickt.
Doch diese Unterstützung ist dem syrischen Regime ein Dorn im Auge, so Said Salam, eine aus Syrien stammende Expertin der Friedrich Ebert Stiftung: "Assad würde die Hilfslieferungen am liebsten komplett kontrollieren. Dann könnte er die Bevölkerungsgruppe, die gegen ihn ist bestrafen und die, die für ihn sind, belohnen."
Kinder in einem Flüchtlingscamp in Maaret Misrin nahe Idlib
Noch ein offener Grenzübergang für Hilfsgüter
2014 hatte der UN-Sicherheitsrat beschlossen, vier Grenzübergänge nach Nordwestsyrien zu öffnen, um die Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen. Das Mandat musste allerdings immer wieder neu verhandelt werden. Doch das wurde von Jahr zu Jahr schwieriger, weil sich Syrien und sein engster Verbündeter Russland immer wieder quer stellten.
Vor zwei Jahren konnte man sich nach langen Verhandlungen noch auf einen offenen Grenzübergang für Hilfsgüter einigen: Bab al-Hawa. Doch auch Bab al-Hawa ist immer wieder Gegenstand von schwierigen Verhandlungen. Bereits im letzten Jahr wurde das Mandat nur knapp vor dem Auslaufen verlängert.
"Sehr chaotisch und eine echt schwierige Situation"
Wenn wie jetzt die Resolution ausläuft, könnten theoretisch noch zivile Hilfsorganisationen einspringen. Denn diese sind nicht von der UN-Resolution betroffen. Sie könnten also noch Lebensmittel und Medikamente nach Nordsyrien bringen. Doch Else Kirk, Syrien-Koordinatorin der Welthungerhilfe, hält das für nicht machbar: "Wir müssten uns auf jeden Fall vergrößern. Aber der Maßstab, in dem das geschehen müsste, ist ehrlich gesagt vollkommen unrealistisch! Und das in dieser kurzen Zeit - das wäre sehr chaotisch und eine echt schwierige Situation."
Russland hat jetzt vorgeschlagen, die Resolution vorerst nur um sechs Monate zu verlängern. Andere Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, vor allem die westlichen Staaten, fordern dagegen eine Verlängerung von einem Jahr. Am Mittwoch steht das Thema erneut auf der Agenda. Doch ob es dann zu einer Einigung kommt, ist aktuell mehr als unklar.