Aufarbeitung des Olympia-Attentats "Wir haben 50 Jahre lang gekämpft"
Angehörige der Opfer des Olympia-Attentats 1972 haben lange um Anerkennung und Entschädigung gerungen - jetzt folgt die historische Aufarbeitung. Dafür soll eine Kommission eingesetzt werden. Viele Details sind noch unklar.
Die Aufarbeitung des Olympia-Attentats von 1972 ist auf den Weg gebracht: Im Sommer des vergangenen Jahres, unmittelbar vor dem 50. Jahrestag des Anschlags auf die Olympischen Spiele in München, hatte es zunächst nicht nach einer Einigung ausgesehen. Doch dann gab es eine Gedenkfeier, bei der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Fehler der deutschen Behörden und eine deutsche Verantwortung einräumte.
Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, ist nach Tel Aviv gereist, um mit den Familien der Angehörigen zu besprechen, wie es weitergeht. "Wir konnten uns im August, September auch mit den Familien darauf verständigen, dass es eben weitere Anerkennungsleistungen gibt", sagt sie. Man habe jetzt, und das sei der Anlass für den Besuch in Israel, noch eine dritte Aufgabe: die Aufarbeitung.
Historiker-Kommission soll Attentat aufarbeiten
Dafür soll eine Kommission von deutschen und israelischen Historikerinnen und Historikern eingesetzt werden. Dieser Punkt sei den Angehörigen besonders wichtig gewesen, neben der öffentlichen Anerkennung deutscher Verantwortung und einer weiteren Entschädigung, sagt Ankie Spitzer. Sie ist die Witwe des damals ermordeten israelischen Fechttrainers Andre Spitzer.
"Unsere dritte Forderung, und ich denke, sie war für uns die wichtigste, ist, alle Archive zu öffnen", erklärt sie. Das sei auch von der Bundesregierung genehmigt worden. "Und jetzt werden die Familien endlich wissen, was in München passiert ist. Denn wir denken, es gibt noch viele Informationen, die wir nicht kennen. Wir haben 50 Jahre lang gekämpft. Der Kampf ist vorbei." Sie seien sehr erfreut, dass die Bundesregierung das Versprechen gehalten habe, die Archive zu öffnen und eine Kommission einzusetzen.
Am 5. September 1972 töteten palästinensische Terroristen zwei Sportler der israelischen Mannschaft - neun weitere nahmen sie als Geiseln. Bei einem gescheiterten Befreiungsversuch durch deutsche Einsatzkräfte auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck wurden schließlich alle neun Geiseln, ein Polizist und fünf von acht Terroristen getötet. Die überlebenden Geiselnehmer kamen kurz nach der Tat im Zusammenhang mit der Entführung einer Lufthansa-Maschine durch ein palästinensisches Kommando frei.
München, 1972: Ein bewaffneter Polizist im Trainingsanzug sichert im Olympischen Dorf den Block, in dem Terroristen israelische Geiseln festhalten.
"Nach 50 Jahren Kampf sind wir zur Ruhe gekommen"
Viele Einzelheiten vor allem der versuchten Befreiungsaktion sind weiterhin unklar. Ilana Romano, die Frau eines ermordeten Gewichthebers, hofft auf die Wahrheit. "Nach 50 Jahren Kampf sind wir nun zur Ruhe gekommen. Jetzt, wo der Kampf beendet ist, bleiben die Taten", sagt sie.
Sie sei überzeugt, dass das heutige Deutschland nicht mehr dem damaligen entspreche und für eine wirkliche historische Aufarbeitung sorgen werde. "Wir haben eine Entschuldigung, ein Denkmal und eine Entschädigung erhalten, was bleibt, ist die historische Aufarbeitung in der Hoffnung, dass die Kommission die ganze historische Wahrheit vor der ganzen Welt offenlegen wird."
Die deutsch-israelische historische Kommission soll im Frühjahr ihre Arbeit aufnehmen - zunächst für drei Jahre. Der Bundestag hat bereits die Gelder dafür bewilligt. Staatssekretärin Juliane Seifert sagte, die Bundesregierung, aber auch die Familien der Angehörigen sollen die Arbeit der Kommission eng begleiten.