Antisemitismus in China Hakenkreuze, Judenhass - und von Zensur keine Spur
Chinas Internetzensur ist streng - doch antisemitische Parolen bleiben seit dem Kriegsbeginn im Nahen Osten einfach stehen. Am verbreitetsten ist eine Verschwörungstheorie über das angebliche Wirken von Juden in China.
China zensiert das Internet so stark wie kaum ein anderes Land der Welt: Alles, was der Staats- und Parteiführung nicht passt, was zu politisch ist, zu kritisch, wird schnell gelöscht. Auffällig derzeit: Seit dem Beginn des Krieges im Nahen Osten gibt es viel antisemitischen Content. Blogger hetzen offen gegen Jüdinnen und Juden, gegen Israel. Doch die sonst oft so schnelle Online-Zensur lässt vieles davon einfach stehen.
So etwa den Beitrag des chinesischen Influencers Gao Gailun. Er hat mehr als neun Millionen Follower auf der Platform Douyin, dem chinesischen Tiktok. Er behauptet in diesem Video, Juden würden seit 3.000 Jahren überall, wo sie sich niederließen, Konflikte verursachen. Zu sehen sind in dem Video unter anderem klar antisemitische Karikaturen.
Es ist nur ein Beispiel von vielen. Beiträge dieser Art werden millionenfach geklickt, geliked, geteilt.
Jubel über die Terrorangriffe
Nach den Angriffen der Hamas auf Israel am 7. Oktober wurde der Account der israelischen Botschaft in China im Online-Netzwerk Weibo mit hasserfüllten Kommentaren überschwemmt. Nutzer bejubelten die Terrorangriffe, lobten die Hamas, posteten Hakenkreuze. Auch unter Beiträgen der Deutschen Botschaft in China würden nicht tolerierbare Kommentare von der Zensur stehengelassen, sagt die Botschafterin der Bundesrepublik, Patricia Flor:
Die chinesische Zensur in den chinesischen sozialen Medien ist oft sehr schnell und sehr effizient. Das wissen wir aus eigener Erfahrung. Auch Posts der Deutschen Botschaft, zum Beispiel zu Menschenrechten, wurden schon gelöscht. Daher fällt es doch sehr ins Auge, dass diese antijüdischen, antisemitischen, antiisraelischen Kommentare stehenbleiben."
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Botschaft löschten solche Kommentare selbst, sagt die Botschafterin. "Wir erklären aber auch unseren Lesern, warum wir das tun. Denn Deutschland steht für Meinungsfreiheit - auch im Netz - aber diese hat auch Grenzen. Und die Grenze wird dort erreicht, wo volksverhetzende, aber auch den Nationalsozialismus verherrlichende Äußerungen im Netz gemacht werden. Das ist in Deutschland verboten und das dürfen wir deshalb auch hier in China nicht dulden."
Verschwörungstheorie "Fugu-Plan"
An anderen Stellen bleiben Hasskommentare im chinesischen Internet einfach stehen, antisemitische Verschwörungstheorien werden weiter verbreitet. Eine Suche nach dem Satz "Juden regieren die Welt" führt zu über 13 Millionen Einträgen im chinesischen Internet. Die zunehmend nationalistischen Influencer sehen dabei ein Komplott zwischen Juden und ihrem Rivalen USA. Juden würden die USA kontrollieren, ist ein Fazit, zu dem sogar die Parteizeitung "Global Times" vergangene Woche in ihrer chinesischen Onlineausgabe kam.
Die in China verbreitetste Verschwörungstheorie hat einen direkten Bezug zum eigenen Land: Juden hätten den Einmarsch der Japaner nach China finanziert und als Gegenleistung sei ihnen eine Heimstätte im Norden von China versprochen worden, der damals von Japan kontrolliert wurde. Dieser angebliche Fugu-Plan taucht unter den ersten Ergebnissen in Chinas Internet auf bei der Suche nach "Jude".
Peking kritisiert vor allem Israel
Antisemitische Klischees über Juden waren lange in China verbreitet. Der unverhohlene Judenhass im jetzigen Ausmaß ist allerdings erst mit dem Krieg zwischen Israel und der Hamas zum Vorschein gekommen. Die Staats- und Parteiführung bezeichnet sich zwar als neutral in dem Konflikt im Nahen Osten. Auffällig allerdings: Die kommunistische Regierung in Peking wird nicht müde, Israel zu kritisieren, unter anderem für das heftige Bombardement des Gazastreifens - eine Reaktion auf den Terrorangriff der Hamas. Über das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung wird ausführlich in den Staatsmedien berichtet, Israel wird als Aggressor dargestellt. Von der Ambivalenz des Konflikts bekommen die meisten Menschen in China nichts mit.
Bis heute hat die Staats- und Parteiführung die brutalen Angriffe der radikal-islamischen Hamas auf Israel nicht klar als Terrorismus verurteilt, sie spricht noch nicht einmal von einer Terrororganisation.