Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan Viele Tote bei Kämpfen in Berg-Karabach
Der Streit zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Kaukasusregion Berg-Karabach ist erneut eskaliert. Bei Kämpfen mit Raketen, Artillerie und Panzern wurden offenbar mindestens 30 Menschen getötet. Die Gefechte gehören zu den blutigsten seit dem Jahr 1994.
Erneut hat es blutige Gefechte zwischen den Südkaukasus-Republiken Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach gegeben. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium meldete zwölf Tote in den eigenen Reihen, ein Hubschrauber sei von armenischen Einheiten abgeschossen worden. Auf armenischer Seite seien mindestens 100 Soldaten getötet oder verletzt, sowie sechs Panzer und 15 Artillerieeinheiten zerstört worden.
Das armenische Verteidigungsministerium wies das als "offensichtliche Desinformation" zurück: Die Angaben hätten "keinerlei Bezug zur Wirklichkeit". Der armenische Präsident Sersch Sargsjan berichtete von 18 toten Armeniern, meldete jedoch ebenfalls "hohe Verluste" beim Gegner, ohne Zahlen zu nennen. Nach Angaben des von Armenien unterstützten Verteidigungsministeriums in Karabach kam beim Beschuss armenischer Dörfer in der umstrittenen Region auch ein zwölfjähriger Junge ums Leben.
Berg-Karabach südlich des Kaukasus wird mehrheitlich von Armeniern bewohnt, gehört völkerrechtlich aber zu Aserbaidschan. Es wird seit 1994 von einheimischen Separatisten und der armenischen Armee kontrolliert. Beide Seiten sind durch eine entmilitarisierte Pufferzone getrennt, doch immer wieder kommt es zu Gefechten. Jahrelange Verhandlungen zur Lösung des Konflikts haben bisher nur wenige Fortschritte gebracht.
Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig
Wie es zu der jetztigen Eskalation kommen konnte, ist noch unklar. Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld, und die Darstellungen, was der Auslöser für die Gefechte war, gehen weit auseinander. Aus dem armenischen Verteidigungsministerium hieß es, Aserbaidschan habe am Freitagabend "mit Panzern, Artillerie und Hubschraubern massiv angegriffen". Armeniens Armee habe die aserbaidschanischen Einheiten zurückgeschlagen.
Aserbaidschan hingegen behauptet, armenische Truppen hätten mit Granatwerfern und Geschützen mehr als 120 Geschosse abgefeuert. Dabei seien auch Wohngebiete getroffen worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums. Man hätte "umgehend Vergeltungsmaßnahmen unternommen". Dem Außenministerium in Baku zufolge wurde ein aserbaidschanischer Zivilist getötet.
Beide Seiten berichteten von andauernden Gefechten in den von proarmenischen Rebellen kontrollierten Gebieten Chodschawend-Fisukli und Agdere-Terter-Agdam. Nach Angaben aus Baku eroberte die aserbaidschanische Seite dort zwei strategisch wichtige Anhöhen und ein Dorf zurück.
Russland und Deutschland mahnen zur Zurückhaltung
Es ist einer der blutigsten Tage seit dem Ende des Krieges im Jahr 1994. Der armenische Regierungschef Howik Abrahamjan berief in Eriwan eine Dringlichkeitssitzung seines Kabinetts ein. Er erklärte seine Bereitschaft, die zur "Stabilisierung der Lage" erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
Der russische Präsident Wladimir Putin appellierte an beide Seiten, die Waffen schweigen zu lassen. Die Konfliktparteien müssten eine "sofortige Waffenruhe" eingehen und Zurückhaltung üben, um weitere Opfer zu vermeiden, ließ er über seinen Sprecher Dmitri Peskow erklären.
Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte seine Besorgnis über die "militärische Eskalation". Er rief - auch im Namen des deutschen Vorsitzes der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) - dazu auf, "die Kampfhandlungen unverzüglich einzustellen und den Waffenstillstand in vollem Umfang zu respektieren".