Demo in London Hunderttausende für ein neues Referendum
Mit EU-Flaggen und Transparenten sind Hunderttausende Menschen in London zum Parlament marschiert. Die Brexit-Gegner fordern ein neues EU-Referendum - im besten Fall mit der Option, den Brexit ganz abzusagen.
In großer Zahl haben Menschen in London gegen den Brexit demonstriert. Sie folgten einem Aufruf der Organisatoren der Kampagne "People's Vote" (Volksabstimmung). Ihr Ziel ist es, ein zweites Brexit-Referendum zu erreichen - mit der Option, den Brexit ganz abzusagen.
Die Organisatoren sprachen von mehr als einer Million Teilnehmern. Die Polizei nannte keine Zahlen und teilte lediglich mit typisch britischem Understatement mit, es sei "sehr viel los gewesen".
Ruf nach Ausstieg vom Ausstieg
Der Protestzug, an dem unter anderem Oppositionspolitiker sowie der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan teilnahmen, führte durch die Stadt zum Parlamentsplatz. Über 170 Wagen waren speziell für die Demonstration angemietet worden. Auf vielen Schildern der Demonstranten war die Forderung nach einem Stopp des Austrittverfahrens zu lesen, das 2016 mit einem Referendum der britischen Wähler begonnen hatte.
Vor dem Parlament brachten die Demonstranten lautstark ihre Meinung zum Ausdruck, während die Abgeordneten im Unterhaus debattierten. Nachdem bekannt wurde, dass das Parlament eine Verschiebung der Abstimmung über das Brexit-Abkommen durchgesetzt hatte, brach unter den Demonstranten großer Beifall aus.
Mit Pappmaché-Figuren machen sich die Demonstranten über Politiker lustig, vor allem über Premierminister Boris Johnson.
Die Demonstranten hatten unter anderem zwei größere Figuren dabei: Sie zeigten den umstrittenen Chefberater von Premierminister Boris Johnson, Dominic Cummings, der Johnson wie eine Puppe vor sich herträgt und zappeln lässt. Cummings Figur erinnerte dabei an einen Nazi.
Abgeordnete nach Sitzung beschimpft
Nach der Brexit-Sondersitzung mussten einige Mitglieder des Parlaments wegen wütender Demonstranten von der Polizei eskortiert werden. "Schäm dich!", riefen Gegner des EU-Austritts Wirtschaftsministerin Andrea Leadsom zu. Sie kommentierte dies später im Kurznachrichtendienst Twitter: "Warum denken die sogenannten 'People's Vote'-Demonstranten, dass es in Ordnung ist, jemanden, mit dem sie nicht übereinstimmen, zu beschimpfen, einzuschüchtern und ins Gesicht zu schreien?"
Der Staatsminister und No-Deal-Brexit-Beauftragte Michael Gove sowie der Vorsitzende des Unterhauses, der erzkonservative Jacob Rees-Mogg, wurden dem Sender BBC zufolge ebenfalls von Scotland Yard beschützt. Aber auch Gegner des Brexits sahen sich Anschuldigungen ausgesetzt: Brexit-Anhänger beschimpften Diane Abbott von der oppositionellen Labour-Partei, als diese das Parlament verließ.