Nach Autobombenangriff in Ankara Türkei beschuldigt Kurden - Kurden weisen zurück
Kurdische Rebellen sollen laut türkischer Regierung hinter dem Anschlag von Ankara mit 28 Toten stecken. Die PKK und der syrische Ableger YPG weisen dies jedoch zurück. Indes wurden bei einem neuen Anschlag auf die Armee im Südosten des Landes mindestens sechs Menschen getötet.
Der Autobombenanschlag in der türkischen Hauptstadt Ankara mit 28 Toten (27 Soldaten und ein Regierungsbeamter) ist nach Angaben von Regierungschef Ahmet Davutoglu von der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der YPG verübt worden. Die YPG ist der bewaffnete Arm der syrischen Kurdenpartei PYD. Ein YPG-Kämpfer aus Syrien habe den Anschlag mit Unterstützung der "separatistischen Terrororganisation" verübt, erklärte Davutoglu. Insgesamt seien nach dem Anschlag vom Mittwoch, bei dem auch mehr als 60 Menschen verletzt worden waren, 14 Verdächtige festgenommen worden. Ziel des Anschlags im Regierungsviertel Cankaya in der Nähe des Parlaments waren Busse der türkischen Armee, die Angehörige der Streitkräfte transportierten.
Davutoglu sagte weiter, dass auch die syrische Regierung Schuld an dem Angriff habe. Er warf ihr vor, syrisch-kurdische Milizen zu unterstützen. "Die YPG ist eine Marionette des syrischen Regimes, und das Regime ist direkt verantwortlich für diesen Anschlag. Wir behalten uns das Recht vor, jede Art von Maßnahme gegen das syrische Regime zu treffen." Die Türkei werde den "verräterischen Elementen und Marionetten der äußeren Mächte ohne zu zögern auf härteste Weise entgegentreten".
Außerdem warnte Davutoglu Russland vor einer Zusammenarbeit mit der YPG.
PKK und PYD weisen Anschuldigungen zurück
PKK-Führer Cemil Bayik bestritt eine Verwicklung in den Anschlag. "Wir wissen nicht, wer das getan hat", sagte er. Der Anschlag könne aber als Vergeltung für die "Massaker in Kurdistan" stehen. Die türkische Armee fliegt seit Sommer 2015 Einsätze auf Stellungen der verbotenen Arbeiterpartei und Dörfer im nordirakischen Kandil-Gebirge. Dort kontrolliert die PKK ein rund 50 Quadratkilometer großes Gebiet.
Auch die PYD wies jegliche Verantwortung für den Anschlag in der türkischen Hauptstadt Ankara zurück. "Wir haben keine Verbindungen zu dem, was in der Türkei passiert", sagte der Co-Vorsitzende der PYD, Salih Muslim. Die türkischen Anschuldigungen seien Teil einer "Eskalationspolitik" gegen kurdische Parteien.
"Auch wenn diejenigen an der Spitze, sei es die PKK oder der PYD, sagen, dass diese Sache nichts mit ihnen zu tun hat, so hat sich durch Informationen und Belege, die unser Innenministerium und unsere Geheimdienste verschafft haben, letztendlich ergeben, dass diese Sache ihnen zuzuschreiben ist", entgegnete der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan.
Stellungen der PKK im Nordirak bombardiert
Die türkische Luftwaffe bombardiert seit dem Abend mutmaßliche Stellungen der PKK im Nordirak. In der Region Haftanin seien in der Nacht 60 bis 70 PKK-Kämpfer ins Visier genommen worden, teilte das Militär mit. Zu der Gruppe hätten auch einige Führungskräfte der verbotenen Organisation gehört.
Mindestens sechs Tote nach neuem Anschlag
Bei einem neuen Angriff auf die türkische Armee im Südosten des Landes sind mindestens sechs Soldaten getötet worden. Ziel des Anschlags in Lice in der Provinz Diyarbakir war laut den Streitkräften ein Konvoi, der auf der Straße nach Sprengsätzen gesucht habe. Die Armee machte die PKK für die Tat verantwortlich.
Russland fordert Kampf gegen Terrorismus
Russland rief nach dem Anschlag von Ankara alle Staaten zum gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus auf. Das Außenministerium in Moskau sprach dem türkischen Volk sowie den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte der türkischen Regierung deutsche Unterstützung im Antiterrorkampf zu. Nach dem Anschlag in Ankara habe Merkel mit Ministerpräsident Ahmet Davutoglu und mit Präsident Recep Tayyip Erdogan telefoniert, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Merkel habe in Telefonaten mit Davutoglu und Erdogan "sowohl dem türkischen Ministerpräsidenten als auch dem Präsidenten (versichert), dass Deutschland im Kampf gegen den Terrorismus solidarisch an der Seite der Türkei stehe".
Wiederholt Anschläge in der Türkei
Die Türkei war in jüngster Zeit mehrfach Ziel von Terroranschlägen. Im Januar sprengte sich ein Selbstmordattentäter in der Nähe der Blauen Moschee inmitten von Touristen in die Luft und riss zehn Deutsche mit in den Tod. In Ankara hatte es im Oktober einen verheerenden Anschlag auf eine Friedensdemonstration mit mehr als 100 Toten gegeben.