Waffenmissbrauch in den USA Wenn Kinder zur Waffe greifen
Ein Sechsjähriger schießt auf eine Lehrerin, eine Jugendliche tötet einen Elfjährigen - in den USA werden im Jahr etwa 100 Menschen von Kindern erschossen. Schuld sind vor allem Eltern, die ihre Waffenbestände nicht sichern.
"Dieser Schuss hat sich nicht versehentlich gelöst, es war Absicht", erklärte der Polizeichef von Newport News in Virginia, Steve Drew. Der Schütze: ein sechs Jahre alter Junge. Mit einer Pistole verletzte er seine Lehrerin schwer.
Inzwischen ist diese aus dem Krankenhaus entlassen. Die Lehrerin habe Unterricht gehalten, als der Sechsjährige die Waffe zog, auf sie richtete und schoss, so der Polizeichef. Die Pistole gehöre der Mutter des Erstklässlers, legal erworben.
Zum ersten Mal unbegleitet in der Schule
Die Familie des Jungen äußerte sich jetzt zum ersten Mal. Über ihren Anwalt teilte sie mit, dass der Sechsjährige eine akute Behinderung habe. Er sei jeden Tag von seiner Mutter oder seinem Vater in die Schule begleitet worden. In der Woche, in der er schoss, sei er zum ersten Mal nicht von einem Elternteil zum Unterricht begleitet worden.
"Wir werden unsere Abwesenheit an diesem Tag für den Rest unseres Lebens bereuen", sagte die Familie in der Erklärung. Der Junge ist zurzeit in einer medizinischen Einrichtung untergebracht. Wie es weitergeht, ist unklar. Und auch, welche Konsequenzen der Schuss für die Mutter haben könnte.
Genesungswünsche an die von einem Schüler angeschossene Lehrerin in einer Schule in Newport News, Virginia, USA.
Kinder und Jugendliche gelangen häufiger an Waffen
Dass ein Sechsjähriger bewusst auf einen anderen Menschen schießt, ist auch in den USA selten - aber nicht, dass Kinder und Jugendliche an Waffen gelangen. Erst vor wenigen Tagen erschoss eine 14-Jährige in Dallas einen elf Jahre alten Jungen auf einem Parkplatz. Das Mädchen hatte nach einem Streit offenbar auf ein anderes Mädchen geschossen und dabei den Elfjährigen tödlich getroffen.
Dessen Mutter richtete sich unter Tränen mit einem Appell an die Öffentlichkeit: "Als Erwachsene müssen wir mit unseren Kindern reden und ihnen beibringen, dass Gewalt nicht die Antwort ist."
Ein Sechsjähriger, der auf seine Lehrerin schießt, eine 14-Jährige, die einen Elfjährigen erschießt. Und im Internet kursiert ein Video von einem Kleinkind, dass mit einer Waffe herumfuchtelnd durch eine Wohnanlage in Phoenix läuft.
Viele Haushalte mit unsicher verwahrten Waffen
Es ist offensichtlich: Viele Waffenbesitzer, viele Eltern, verwahren ihre Waffen nicht sicher. Laut einer Studie der Universitäten Harvard und North Eastern leben in den USA rund 4,6 Millionen Kinder in einem Haushalt mit einer geladenen, nicht sicher verwahrten Waffe.
Der Bürgermeister von Memphis, Jim Strickland, erklärte im lokalen PBS-Fernsehen: "Wenn man mit Polizisten spricht, die seit 20, 25 Jahren im Dienst sind, sagen die: Früher war es sehr ungewöhnlich, dass ein Jugendlicher an eine Waffe gekommen ist - jetzt ist das Routine."
Mehr als 100 Tote im Jahr durch Kinderhand
Es gibt in den USA Bundesstaaten, in denen gesetzlich vorgeschrieben ist, dass Waffen für Kinder unzugänglich aufbewahrt werden müssen. Doch das ist nicht in allen der Fall. Josh Sugarmann vom Violence Policy Center, einer Organisation, die sich für Waffenkontrolle einsetzt, erklärte auf PBS, leider gebe es auf Bundesebene kein Gesetz, das die Aufbewahrung von Waffen regele, oder dass Kinder keinen Zugang haben dürften.
Das führt auch immer wieder zu unabsichtlichen Schüssen aus Kinderhänden. Nach Angaben der Organisation "Everytown For Gun Safety" gab es im vergangenen Jahr mindestens 301 unbeabsichtigte Schüsse von Kindern. Mehr als jeder dritte war tödlich.