Haushaltsstreit in den USA Erst Machtprobe, dann zahlungsunfähig?
Die neue republikanische Mehrheit im US-Repräsentantenhaus gibt sich entschlossen: Einer weiteren Erhöhung der Schulden will sie nicht zustimmen - sie will Ausgabenkürzungen. Kommt es im Streit zur Zahlungsunfähigkeit?
Eigentlich ist es Routine: Die US-Finanzministerin fordert den Kongress auf, dringend die Schuldengrenze zu erhöhen. Das hat Janet Yellen im Herbst 2021 getan, jetzt tut sie es wieder.
Doch diesmal hat die Aufforderung besondere Brisanz. Die Republikaner haben nicht nur seit Kurzem die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Sie haben Unruhestifter in der Fraktion, die schon die Wahl von Kevin McCarthy zum Sprecher fast scheitern ließen. Vor allem ein Ziel nennen sie unverrückbar: Die Staatsausgaben müssen sinken.
Wie das Wahlergebnis gedeutet wird
Die Republikaner seien bei den Midterms mit dem Auftrag gewählt worden, die Ausgaben zu kürzen, sagt James Comer, Vorsitzender des Oversight Committee, einem mächtigen Ausschuss, dessen Hauptaufgabe die Kontrolle der Regierung ist. Comer betonte im Fernsehsender CNN: "Wir werden nicht nachgeben, bevor wir nicht bedeutende Reformen mit Blick auf die Staatsausgaben sehen."
Sozialausgaben im Blick
Die Republikaner wollen erzwingen, dass die Regierung bei künftigen Ausgaben streicht, etwa im Sozialbereich. Nur dann wollen sie die Schuldengrenze für die laufenden Ausgaben noch einmal erhöhen. Speaker Kevin McCarthy sagte bei Fox News, seine Fraktion sei bereit, mit jedem zu verhandeln, der ebenfalls zur Zusammenarbeit bereit ist - und er glaube, das könnte der Präsident sein.
Doch die Sprecherin von Joe Biden hat Verhandlungen dieser Art abgelehnt. Das Erhöhen der Schuldengrenze dürfe "nicht zum politischen Spielball werden", sagte Karine Jean-Pierre.
Es bleiben wenige Tage
Aktuell liegt die gesetzliche Schuldenobergrenze bei 31,4 Billionen Dollar. Sie wird laut Finanzministerin Janet Yellen noch in dieser Woche erreicht. Für eine bestimmte Zeit kann sich der Staat dann mit dem Verschieben von Ausgaben behelfen, zum Beispiel Einzahlungen in Pensionsfonds hinauszögern. Spätestens im Juni aber drohe den USA die Zahlungsunfähigkeit, schrieb Yellen in einem Brief an den Kongress.
Die Folgen könnten erheblich sein
Im Jahr 2011 hatte eine ebenfalls neu gewählte republikanische Mehrheit so lange in den Verhandlungen zur Schuldengrenze gepokert, bis die Kreditwürdigkeit der USA herabgestuft wurde. Die Aktienkurse stürzten ab, die Zinsen stiegen, für den amerikanischen Steuerzahler entstand ein Milliardenschaden.
Wird die Ziellinie verpasst?
Jack Lew war Finanzminister unter Präsident Barack Obama. Der Demokrat warnt im CBS-Interview mit dem TV Sender CBS, der Kongress versuche immer, erst im letztmöglichen Moment zu handeln. Nun bestehe die Gefahr, dass diese Ziellinie verpasst werde.
Derzeit seien die Finanzmärkte und die Weltwirtschaft insgesamt durch die Folgen der Corona-Pandemie ohnehin besonders schwankungsanfällig. Und einige Republikaner hätten gerade erst bei der Sprecherwahl demonstriert, dass sie zu fast allem bereit sind, so Lew. Der frühere Finanzminister ist deshalb pessimistisch. Die Arbeit, die jetzt geleistet werden müsse, sei sehr schwer. Und die Konsequenzen, die ein Scheitern hätte, "unvorstellbar".
Meistens geht es gut aus
Optimisten in Washington verweisen dagegen auf das historische Gesamtbild: Seit 1962 habe der Kongress die Schuldenobergrenze rund 80 Mal verändert. Nur einmal, 2011, sei durch die vorübergehende Herabstufung der Kreditwürdigkeit großer Schaden entstanden. Alle anderen Male sei es am Ende gut gegangen.