"Rocky-Treppe" in Philadelphia Trainingsort und Pilgerstätte
Im Filmklassiker "Rocky" posierte Sylvester Stallone als Boxer auf einer Treppe in Philadelphia. Für viele Fans sind die 72 Stufen zum Philadelphia Museum of Art seitdem ein Ort voller Emotionen.
Paul steht oben auf der "Rocky-Treppe" und reißt die Arme hoch. Der drahtige Mittsechziger strahlt. Er fühlt sich großartig, sagt er. Vor nicht mal einer Woche hatte er eine Hüft-OP. Sein Ziel war, nach der OP möglichst bald die "Rocky-Treppe" zu erklimmen. Dafür ist Paul extra aus Ohio angereist. Joellen freut sich mit ihrem Mann: "Er hat's geschafft. Es war ein 'Rocky-Moment' für ihn." Auch Joellen macht die "Rocky-Pose", streckt die Arme nach oben.
Sylvester Stallone posiert vor der "Rocky"-Statue am Philadelphia Museum of Art im Jahr 2018.
Gänsehaut und Selfies
"Jährlich besuchen rund vier Millionen Menschen die 'Rocky-Treppe' und die 'Rocky-Statue' - so viele wie die Freiheitsstatue", sagt Paul Farber, Direktor der Künstler-Gruppe Monument Lab und Macher des "Rocky"-Podcasts "The Statue" - die Statue. Und die Besucher kommen aus der ganzen Welt. Oben auf der Treppe bildet sich eine kleine Schlange. Anstehen für ein Selfie auf den in Beton gegossenen Fußabdrücken von "Rocky".
Auch Yuriko aus Japan wartet. "'Rocky' ist sehr berühmt, jeder kennt 'Rocky'", lacht sie. Für den 25-jährigen Benhur aus Frankfurt geht ein Traum in Erfüllung. Er habe Gänsehaut, sagt er. Er schaue sich immer wieder die Filme an. Jetzt hier zu stehen, sei für ihn emotional, ein Kindheitstraum werde wahr. Benhur steht an der "Rocky"-Statue an. Gleich will er die Treppe hochjoggen, sein Onkel soll filmen.
Im 1976 erschienenen Film "Rocky" spielt Sylvester Stallone den fiktiven Boxer "Rocky Balboa". Dieser beendet seinen Trainingslauf durch die Straßen Philadelphias, indem er die Stufen zum Philadelphia Museum of Art hoch rennt. Dort streckt er die geballten Fäuste in die Luft, die "Rocky-Pose".
Treppe gibt Kraft und Bestätigung
Egal, wann man hierher kommt, hier ist immer jemand, der in die "Rocky"-Welt eintaucht. Der Journalist Michael Vitez hat ein Buch darüber geschrieben: "Rocky-Stories. Geschichten über Liebe, Hoffnung und Glück von der berühmtesten Treppe Amerikas". Über ein Jahr lang hat er mit etwa tausend Menschen auf den Stufen gesprochen.
Vitez hat die Erfahrung gemacht: Es gibt zwei Hauptgründe, warum die Leute herkommen. Der eine sei, es gebe ihnen einen Motivationskick. Der andere sei, sie hätten etwas wirklich Schwieriges in ihrem Leben durchgestanden, den Krebs besiegt zum Beispiel. Oder sie hätten sich einen Lebenstraum erfüllt. Die Menschen kämen aus der ganzen Welt. "Und sie rennen die Stufen hoch, weil das sehr direkt die Botschaft des Films zum Leben erweckt", so Vitez.
Die "Rocky-Treppe" führt auf den Vorplatz des Philadelphia Museum of Art.
"'Rocky' hat den amerikanischen Traum verwirklicht"
"Rocky Balboa", der Underdog, der es ganz nach oben schafft. Für Daniel aus Ohio ist "Rocky" das Herz Amerikas, das, wofür das Land steht. "Du kommst aus dem Nichts und kämpfst dich nach oben. 'Rocky' hat den amerikanischen Traum verwirklicht", erklärt der Mitte 50-Jährige und wischt sich bei 30 Grad den Schweiß von der Stirn.
"Rocky" ist eine Identifikationsfigur für so viele. Journalist Vitez erklärt: "Es ist ein Box-Film, aber eigentlich geht es überhaupt nicht ums Boxen. Es geht um Wachsen, sich neu erfinden, um Triumph, darum seinen Traum zu verwirklichen. Um diese Dinge."
Sportler trainieren auf der "Rocky-Treppe".
Ein Ort der Zugehörigkeit
Und während er das sagt, rennen schon die nächsten die Treppe hoch. Andere gehen langsam, es sind 72 Stufen bis hoch auf den Vorplatz des Philadelphia Museum of Art. Die "Rocky-Treppe" ist aber nicht nur für Touristen von großer Bedeutung, betont Paul Farber, der Host des "Rocky"-Podcasts, sondern auch für die Stadt und für die Menschen, die in Philadelphia leben. Hier fänden Paraden statt, Proteste, Feiern, Mahnwachen.
Wenn es einen Ort in der Stadt gebe, der ein Ort der Zugehörigkeit sei, dann sei es die Treppe. Die Treppe, die selbst in vielen Stadtplänen "Rocky-Treppe" heißt. Benannt nach dem berühmtesten Sohn der Stadt, der niemals gelebt hat.