Von Texas nach New York Migranten als politischer Spielball
20.000 Migranten haben republikanische Politiker aus Texas seit dem Frühjahr nach New York verschickt. Es soll ein Protest gegen Bidens Migrationspolitik sein. Doch auch New York hilft den Menschen kaum.
Ender Pavon ist vor einer Woche in New York angekommen. Jetzt wühlt er sich im Keller der Methodistengemeinde Saint Paul and Saint Andrew an der Upper Westside Manhattans durch einen Altkleiderhaufen: "Am 1. Oktober bin ich über die Grenze nach Texas gekommen. Eigentlich wollte ich weiter zu einen Bekannten nach Pennsylvania. Aber der war plötzlich nicht mehr erreichbar. In San Antonio haben sie uns dann in einen Bus gesteckt, der nach New York gefahren ist. Jetzt lebe ich seit einer Woche in Brooklyn in einer Obdachlosenunterkunft."
Republikanische Politiker chartern Busse
Knapp 20.000 Migranten, die meisten wie der 24 Jahre alte Pavon aus Venezuela, sind seit dem Frühjahr aus Texas und Arizona nach New York gekommen. Meist in von republikanischen Politikern gecharterten Bussen, die fast täglich im Busbahnhof der Stadt halten.
"Wir haben viele Freiwillige dort an der Port Authority Bus Station", erklärt Reverend Karpen, der Pfarrer der Gemeinde. "Wenn die Busse von der Grenze ankommen, geben wir den Menschen das Notwendigste, um hier einigermaßen klar zu kommen. Manche sind einfach so in den Bus gesetzt worden und wissen nicht einmal, wo sie hier sind."
In einem Schlafsaal wie hier auf Randalls Island in New York sind derzeit Hunderte Migranten untergebracht.
"Der Weg ist gefährlich und qualvoll"
Reverend Karpen versucht, wie viele andere auch, zu helfen, wo es nur geht: mit Lebensmitteln, Kleidung und Geld für die Migranten, die vor den Zwischenwahlen in den USA zum Spielball der Politik geworden sind: "Es ist so ungerecht, das auf dem Rücken dieser Menschen auszutragen, die ohnehin traumatisiert sind", sagt Karpen.
"Der Weg von Venezuela in die USA ist qualvoll, gefährlich, lebensgefährlich! Das sind Menschen, die ihre Familie zurückgelassen und häufig auch nahestehende Menschen auf dem Weg hierher verloren haben."
In New York fehlt es am politischen Willen
Doch viele Politiker interessiert das nicht. Republikaner aus den Grenzstaaten versuchen, mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen gegen die Migrationspolitik von Präsident Biden zu protestieren.
Aber auch im demokratisch regierten New York fehlt es am politischen Willen, den Menschen zu helfen. Stattdessen spielt Bürgermeister Eric Adams die Migranten gegen die Zehntausenden Obdachlosen der Stadt aus und verlangt Geld aus Washington.
Doch damit ist es für Referend Karpen nicht getan: "Es ist so eine große Stadt mit enormen Ressourcen. Es hätte viel mehr getan werden können. Auch jetzt könnte New York viel mehr tun. Aber die Kommunikation mit den Behörden, die sich eigentlich um die Migranten kümmern müssten, ist schwierig. Es geht nichts voran. Das ist schon ein bisschen frustrierend."
Freiwillige statt Staat
Und so sind die Neuankömmlinge aus Lateinamerika auf die vielen Initiativen von Kirchengemeinden und anderen Freiwilligen angewiesen, ohne die viele Migranten nicht mal ein Dach über dem Kopf hätten.
"Wir haben so viele ganz normale Leute gefunden, die helfen wollen. Die Menschen haben ihre Türen geöffnet, ihre Kleiderschränke, ihre Brieftaschen. Wir sind eine Stadt der Einwanderer. Mehr als die Hälfte der Menschen, die in New York leben, sind außerhalb der USA geboren worden. Das ist Teil unserer DNA."
Biden reagiert auf Druck
Was jedoch längst nicht alle so sehen. Auch aufgrund des öffentlichen Drucks hat Präsident Biden kurz vor den Zwischenwahlen die Asylpolitik deutlich verschärft. Illegal eingereiste Venezolaner werden nach Mexiko zurückgeschickt, wenn sie keine Angehörigen in den USA haben, die für ihren Lebensunterhalt aufkommen wollen.
Die Aktionen der republikanischen Gouverneure aus dem Süden zeigen Wirkung. Zum Entsetzen von Reverend Karpen: "Viele dieser Migranten sind freundliche, angenehme Menschen. Ich denke, wenn diese Politiker auch nur fünf Minuten mit ihnen verbringen würden, ihr Herz würde weich. Zumindest hoffe ich, dass sie das Potenzial dazu hätten. Aber das wird natürlich nicht passieren."