Biden-Regierung USA erwägen Inhaftierung von Migrantenfamilien
Bald soll eine kontroverse US-Asylbeschränkung aus der Frühphase der Pandemie wegfallen. In Erwartung eines erhöhten Andrangs an der Grenze denke das Weiße Haus darüber nach, Migrantenfamilien für kurze Zeit zu inhaftieren.
Das Weiße Haus erwägt eine kurzzeitige Inhaftierung von illegal eingereisten Migrantenfamilien. Hintergrund sei ein für Mai vorgesehener Wegfall einer Asylbeschränkung aus der Frühphase der Corona-Pandemie, der mit einem erhöhten Andrang an der Südgrenze der USA einhergehen dürfte, hieß es aus Regierungskreisen.
Im Heimatschutzministerium werde aktuell geprüft, wie mit dem erwarteten Anstieg der Migrantenzahlen umzugehen sei. Eine Inhaftierung illegal eingereister Familien sei nur eine von mehreren Ideen, entschieden sei noch nichts, betonten die Gewährspersonen.
Sollte der Vorschlag tatsächlich umgesetzt werden, wäre dies eine bemerkenswerte Kehrtwende: Erst Ende 2021 hatte die US-Regierung die Praxis gestoppt, Migrantenfamilien in Haftlagern festzuhalten. Im Falle einer Rückkehr zu diesem Vorgehen würden Betroffene für kurze Zeit inhaftiert, womöglich einige Tage. Ihre Fälle würden von zuständigen Gerichten zudem im Eilverfahren bearbeitet.
Regierungssprecherin will Berichte nicht kommentieren
Regierungssprecherin Karine Jean-Pierre erklärte, sie werde sich nicht zu "Gerüchten" äußern, wonach eine solche Praxis zur Debatte stehe. "Ich werde nicht sagen, dass es so ist; ich werde nicht sagen, dass es nicht so ist", erklärte sie. Jean-Pierre lehnte auch eine Antwort auf die Frage ab, ob Präsident Joe Biden glaube, dass die Inhaftierung von Familien human sei.
Aktuell werden Familien, die ohne Papiere an der Grenze aufgegriffen werden, mit der Aufforderung in die USA gelassen, zu einem späteren Zeitpunkt vor einem Einwanderungsgericht zu erscheinen.
Auf dem Höhepunkt der Pandemie wurden wenige Migrantenfamilien in Lagern festgehalten. Die Polizei- und Grenzschutzbehörde ICE nutzt diese Einrichtungen nun, um illegal eingereiste Erwachsene zu internieren.
USA verschärften Migrationspolitik zuletzt erneut
Angesichts einer Rekordzahl von Asylsuchenden hat die Regierung ihre Migrationspolitik zuletzt verschärft. Staatsbürger Kubas, Haitis, Nicaraguas und Venezuelas würden nach Mexiko zurückgeschickt, falls sie auf illegalen Wegen nach Amerika kämen, erklärte das Weiße Haus im Januar - und verkündete zugleich, dass pro Monat bis zu 30.000 Migranten aus diesen vier Ländern von den USA aufgenommen werden könnten, sofern sie vorab einen Asylantrag stellten und nicht einfach an der Grenze auftauchten. In der Folge ging die Zahl der illegalen Grenzübertritte merklich zurück.
In Erwartung des Wegfalls der kontroversen Regelung Title 42, die seit Frühling 2020 eine rasche Zurückweisung von Migranten unter Verweis auf den Schutz vor Corona vorsieht, gab die Regierung Ende Februar eine weitere Verschärfung bekannt: Generell solle jenen die Einreise verwehrt werden, die auf ihrem Weg an die Südgrenze nicht zuerst Asyl in einem Transitland beantragten. Ausnahmen solle es aber etwa für jene mit akuten medizinischen Notfällen, für Opfer extremer Gewaltverbrechen und für allein reisende Kinder geben.
Aktivisten empört über Inhaftierungspläne
Dass die Regierung nun offenbar über eine kurzzeitige Inhaftierung von Familien nachdenkt, sorgt unter Aktivisten für Unmut. Viele zeigten sich überrascht. Die Biden-Regierung versuche eine Balance zwischen dem Schutz der Rechte jener, die vor Verfolgung und Gewalt flüchteten, und dem Wunsch nach verbesserten und geordneten Asylverfahren zu finden, sagte Sergio Gonzalez, Exekutivdirektor der Gruppe Immigration Hub. "Familien zu inhaftieren hat keinen Platz bei dieser Suche. Wir beschwören die Regierung, diese schädliche, rückschrittliche Praxis zurückzuweisen."
Regierungssprecherin Jean-Pierre wandte sich gegen die Kritik, wonach Biden einige Aspekte der Asylpolitik seines Vorgängers Donald Trump wieder aufleben lasse. Unter Trump hatten die USA die Aufnahme von Schutzsuchenden massiv eingeschränkt und an der Grenze gewaltsam Kinder von ihren Eltern getrennt, was weltweit als unmenschlich verurteilt wurde.
Viele Menschen hätten Biden mit Trump verglichen und erklärt, der Präsident weite das Vorgehen seines Vorgängers aus oder verhalte sich "sehr trumpmäßig", sagte Jean-Pierre und betonte: "Das ist nicht, was hier passiert."