Bericht zu sexualisierter Gewalt "Tief verwurzelt" im Frauenfußball
Mehr als ein Jahr lang ist eine unabhängige Untersuchungskommission Vorwürfen sexualisierter Gewalt im US-Frauenfußball nachgegangen. Im nun veröffentlichten Bericht spricht das Gremium von einem "tief verwurzelten" Phänomen in den Vereinen.
Eine unabhängige Untersuchungskommission klagt systematische und "tief verwurzelte" sexualisierte Gewalt in der US-Fußballliga der Frauen an. Dies reiche von verbalen Übergriffen bis zu körperlicher Gewalt, habe systematischen Charakter und beginne bereits in den Jugendligen.
Für ihren Bericht hatte die Untersuchungskommission ein Jahr lang Zehntausende Dokumente gesichtet und Hunderte Gespräche geführt, vor allem mit zahlreichen Spielerinnen der nordamerikanischen Frauenfußball-Profiliga. Das Ergebnis: Auf mehr als 150 Seiten führt die Kommission zahlreiche Beispiele von unangemessenen Annäherungen sowie emotionaler und körperlicher sexualisierter Gewalt durch Coaches auf.
Vorwürfe gegen Trainer nicht offengelegt
Der Bericht enthält drastische Einzelbeispiele: Etwa von einem männlichen Erstligatrainer, der eine Spielerin zur Spielanalyse einbestellt, mit ihr angeblich den Videomitschnitt eines Spiels durchgehen will, um ihr dann einen Pornofilm zu zeigen. Oder ein Erstligatrainer, der wegen sexueller Nötigung mehrerer Spielerinnen von seinem Verein entlassen wird, doch sofort bei der Konkurrenz unterkommt. Sein ursprünglicher Verein legte in der Pressemitteilung zum Abschied aber nicht die Vorwürfe offen, sondern wünschte ihm für die neue Aufgabe alles Gute.
"Teams, die Liga und der Verband reagierten nicht nur wiederholt nicht angemessen, wenn sie mit Beschwerden von Spielerinnen und Beweisen für Missbrauch konfrontiert wurden, sie versäumten es auch, grundlegende Maßnahmen zu ergreifen, um dies zu verhindern und dagegen vorzugehen, auch wenn einige Führungskräfte privat die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz einräumten", heißt es in dem Untersuchungsbericht. "Besserung" habe nie jemand von den Coaches verlangt.
Mehrere Entlassungen und Rücktritte
Publik geworden war der Skandal vor gut einem Jahr - ausgelöst durch Vorwürfe der beiden ehemaligen Spielerinnen Sinead Farrelly und Mana Shim. Sie warfen ihrem Trainer beim Team der Carolina Courage, Paul Riley, Belästigung und sexuelle Nötigung vor. Riley wurde daraufhin entlassen.
In der Folge wurde bekannt, dass die National Women's Soccer League (NWSL) Hinweise offenbar ignoriert und unter den Teppich gekehrt hatte. Liga-Chefin Lisa Baird trat zurück, zudem wurden fünf von zehn Trainern in der NWSL wegen Vorwürfen von Fehlverhalten entweder entlassen oder sie gaben ihren Posten von selbst auf.
Verband will Sicherheit von Spielerinnen stärker überwachen
Die Präsidentin des US-Fußballverbandes, Cindy Parlow Cone, nannte die Ergebnisse der Untersuchungskommission "herzzerreißend und zutiefst beunruhigend". Es sei "unentschuldbar" und habe auf keinem Spielfeld, in keiner Trainingsstätte oder am Arbeitsplatz etwas zu suchen.
Der Verband US Soccer kündigte in einer ersten Reaktion an, ein Büro zur Überwachung der Sicherheit von Spielerinnen einzurichten, ebenso eine zentrale Datenbank, in der Fehlverhalten von Beschuldigten dokumentiert wird. Zudem sollen künftig Mindeststandards von den Profi- bis hinunter zu den Jugendligen gelten und laufend überprüft werden.
Doch auch mit der Veröffentlichung des jetzigen Untersuchungsberichts ist die Aufarbeitung des Themas im Frauenfußball noch lange nicht abgeschlossen.