Ehrung für US-Veteranin "Keine Feldpost - niedrige Moral"
Romay Davis gehörte im Zweiten Weltkrieg dem einzigen afroamerikanischen Frauen-Bataillon der US-Armee in Übersee an. Erst jetzt wurde sie für einen Einsatz geehrt, der vor allem die Moral der Soldaten stärken sollte.
Nelson Mandela, Mutter Theresa, Martin Luther King, Winston Churchill - die Goldmedaille des US-Kongresses ist der höchste Ausdruck nationaler Anerkennung für herausragende Leistungen. Jetzt hat sie, am 74. Jahrestag zum Ende der Rassentrennung der US-Armee, eine besondere Veteranin erhalten: Romay Davis. Die 102-Jährige war während des 2. Weltkrieges im einzigen afroamerikanischen Frauen-Batallion für die Feldpost-Zustellung zuständig.
Im Rollstuhl wird Davis durch das Ehrenspalier der anwesenden Garde gefahren. Sie strahlt über das ganze Gesicht, während sich schwarze Soldatinnen verschiedener Dienstgrade verstohlen Tränen aus den Augenwinkeln wischen. Davis ist eine Vorreiterin, ein Vorbild für viele von ihnen. Sie hat ihnen den Weg bereitet.
Eine Szene, die vielen Soldatinnen Tränen in die Augen trieb: Empfang für Romay Davis im US-Kongress
74 Jahre Ende der Rassentrennung
"Ich denke, diese Auszeichnung ist längst fällig. Es ist aber nicht nur meine. Sie gilt uns allen!", dankt die 102-Jährige. Sie die älteste von sechs noch lebenden Soldatinnen des 6888th Central Postal Directory Battalion - Spitzname "Six Triple Eight". Die einzige Einheit afro-amerikanischer Soldatinnen, die im Zweiten Weltkrieg in Übersee eingesetzt wurde - zur Zustellung der Feldpost.
Im Februar 1945 stapelten sich in Lagerhäusern im britischen Birmingham Millionen Postsendungen an Angehörige des US-Militärs, die im europäischen Kriegsgebiet dienten. Briefe und Pakete, oft unzureichend adressiert. Von den etwa sieben Millionen Amerikanern hatten außerdem viele den gleichen Namen - allein 7500 hießen Robert Smith. Es fehlte an qualifizierten Postbeamten. Generäle meldeten nach Hause: Der Mangel an zuverlässiger Postzustellung beeinträchtige zusehends die Moral der Truppe.
Eine Afroamerikanerin in Uniform - gegen diese Vorstellung wehrten sich viele Männer in der US-Armee lange.
Feld-Post Chaos in Europa
Eine Spezialaufgabe für eine Spezialtruppe: Das 6888th Central Postal Directory Battalion. Frauen waren in der US-Armee durch ein von Präsident Franklin D. Roosevelt unterzeichnetes Gesetz seit dem 1. Juli 1943 zugelassen. Das galt auch für afroamerikanische Frauen, obwohl in der Armee die Rassentrennung herrschte.
Zu "Six Triple Eight" gehörten 824 Soldatinnen. Sie wurden in Fort Oglethorpe im US-Bundesstaat Georgia für ihren Auslandseinsatz ausgebildet: Die Frauen lernten, feindliche Flugzeuge, Schiffe und Waffen zu identifizieren, an Seilen zu klettern, Schiffe zu entern und zu evakuieren und lange Märsche mit Rucksäcken zu bewältigen.
"Ich habe das Pensum sehr genossen. Es war aufregend und es gab viel Neues für ein Mädchen vom Land zu sehen. Ich musste schnell erwachsen werden", erinnert sich die heute Davis.
Romay Davis und andere Soldatinnen des Feldpost-Batallions
Keine Post, niedrige Moral
Am 3. Februar 1945 segelten die Frauen nach Europa. "Keine Post - niedrige Moral, das war unser Motto. Deswegen wollten wir so schnell wie möglich aufräumen."
Sie selbst sei nicht mit dem Sortieren der Post betraut gewesen, sondern vor allem als Fahrerin der Postautos. Das sei wärmer gewesen. Denn die Lagerhallen waren ungeheizt und schwach beleuchtet, die Fenster verdunkelt, damit bei nächtlichen Luftangriffen kein Licht einfiel.
Innerhalb der Armee waren die Soldatinnen der "6888" Anfeindungen ausgesetzt - von Soldaten, die sich darüber ärgerten, dass schwarze Frauen zugelassen waren. Doch die Europäer begegneten den Soldatinnen freundlich, erinnert Davis sich: "Ich habe nur positive Erfahrungen mit Europäern gemacht. Sie waren froh, dass wir da waren."
Nachdem die Frauen den Poststau in Großbritannien effizient abgebaut hatten, wurden sie nach Kriegsende nach Frankreich verlegt. Dort wurden sie von den frisch befreiten Franzosen bejubelt und zogen eine Menge Aufmerksamkeit auf sich: Die Militärpolizei an der Kaserne musste verstärkt werden, um unerwünschte Besucher fernzuhalten.
Die richtigen Empfänger unter Tausenden gleichen Nachnamen ausfindig machen: Romay Davis und die Soldatinnen von "6888" beim Sortieren von Feldpost.
Bislang keine Würdigung
Bis Februar 1946 waren die Frauen im Einsatz. Nach ihrer Rückkehr in die Vereinigten Staaten wurde das Batallion aufgelöst. Es gab keine Paraden, keine öffentliche Würdigung und keine offizielle Anerkennung ihrer Leistungen. Erst viele Jahre später wurde ihre Geschichte aufgearbeitet.
Romay Davis habe den Weg geebnet, für Generationen junger schwarzer Frauen in der US-Armee, heißt es auf der Urkunde, die der 102-Jähringen nun verliehen wurde. Vom Kongress mit den höchsten Ehren bedacht - 77 Jahre nach dem Einsatz, 74 Jahre nach dem Ende der Rassentrennung in der Armee.