Party nach der Corona-Pandemie Der Karneval regiert wieder in Rio
Rio tanzt, Rio schwitzt: Am Wochenende stand die brasilianische Metropole im Bann des Karnevals. Die Blocos messen sich im Sambodrom. Gänzlich unpolitisch blieb es in diesem Jahr nicht.
Das gesamte Wochenende stand in Rio de Janeiro im Zeichen des Karneval. Zehntausende Menschen auf den Tribünen und den Logen des Sambodrom sowie Millionen vor dem Bildschirm verfolgten die Umzüge auf dem überdimensionalen Laufsteg. Die zwölf Top-Schulen treten bis in den frühen Montagmorgen auf.
Gewürdigt wurden unter anderem bekannte Samba-Komponisten und -Sänger. Am Freitag und Samstag widmeten die Sambaschulen ihre Umzüge etwa der Geschichte des Wettbewerbs, afrikanischen Gottheiten und dem Amazonasgebiet. Tradition und Wandel werden kombiniert: Mit der Schule "Arranco do Engenho de Dentro" defilierte zum ersten Mal ein Mann als Fahnenträger. Insgesamt genehmigte die Stadt 445 Umzüge von Karnevalsgruppen - sogenannten Blocos - von Nachbarschaftsgruppen bis zu "Mega-Blocos".
Geschmückte Tänzerinnen begleiten einen kunstvoll gestalteten Wagen durch das Sambadrom.
Der Stadtschlüssel für "König Momo"
Der Karneval von Rio gilt als "größte Party der Welt". Sie hatte am Freitagnachmittag mit der symbolischen Übergabe des Stadtschlüssels an "König Momo" begonnen. Dabei formulierte Bürgermeister Eduardo Paes auch einige politische Botschaften. Nach zwei Jahren, in denen die Corona-Pandemie das Fest verhindert oder eingeschränkt hatte, sagte er: "Dank der Wissenschaft, der Medizin, des öffentlichen Gesundheitssystems und derjenigen, die sich geimpft haben, können wir wieder das Leben feiern, uns im Karneval von Rio treffen."
In den vergangenen beiden Jahren war der Straßenkarneval abgesagt worden, die Umzüge im Sambodrom hatten nach einer Verschiebung zumindest im April 2022 schon einmal wieder stattgefunden.
Der Karnevalskönig Momo - bürgerlich Djferson Mendes da Silva (li) - erhält von Eduardo Paes, dem Bürgermeister Rio de Janeiros, den Schlüssel der Stadt.
Ein "Karneval der Demokratie"
Nach dem Sturm auf das Regierungsviertel in Brasilia am 8. Januar rief Bürgermeister Paes zudem den "Karneval der Demokratie" aus. Es sei notwendig, die Demokratie zu feiern, sagte Paes am Freitag. "Einmal mehr haben sich die brasilianische Bevölkerung und die brasilianischen Institutionen als stärker erwiesen." Ein ungeschriebenes Gesetz besagt eigentlich, dass im Karneval auf allzu politische Botschaften verzichtet wird.
Rio rechnet mit mehr als fünf Millionen Besuchern
Für die brasilianische Metropole ist das ausgelassene Fest im Hochsommer der Südhalbkugel auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. In diesem Jahr wurden wieder mehr als fünf Millionen Besucher erwartet. Auch wenn auch in anderen Städten der Karneval die Massen begeistert, ist Rio de Janeiro das Aushängeschild des brasilianischen Karnevals. Die Stadt erwartete Einnahmen von umgerechnet rund 810 Millionen Euro. Die Hotels verzeichneten eine Auslastung von mehr als 90 Prozent.
Sao Paulo: Karneval nach Erdrutsch abgesagt
In zwei Städten haben Erdrutsche und massiver Starkregen zum Abbruch der Karnevalsfeiern geführt. Der Bürgermeister der Stadt São Sebastiao, Felipe Augusto, sagte, es seien noch viele Menschen unter den Trümmern ihrer zerstörten Häuser. Rettungsteams könnten mehrere Örtlichkeiten nicht erreichen. "Es ist eine chaotische Lage", sagte er. Auch in der benachbarten Stadt Bertioga wurde der Karneval abgesagt.