Nach Bränden auf Maui Zahl der Toten könnte sich verdoppeln
Auf Maui geht die Suche nach Vermissten unter Hochdruck weiter: 106 Menschen wurden bislang nach den Bränden tot geborgen. Die Zahl könne sich jedoch verdoppeln, sagte Hawaiis Gouverneur. US-Präsident Biden kündigte einen Besuch an.
Nach den verheerenden Bränden auf der Insel Maui im US-Bundesstaat Hawaii ist die Zahl der Toten auf 106 gestiegen. "Wir sind untröstlich, dass wir einen solchen Verlust erlitten haben", sagte Gouverneur Josh Green. Auch Kinder seien darunter, bestätigte er. Zudem räumte er erneut ein, dass die Zahl der Opfer noch erheblich steigen könne - sich möglicherweise verdoppele.
Von den zunächst 2.000 vermissten Menschen werden noch immer 1.300 gesucht. Inzwischen konnten viele Angehörige ihre Familienmitglieder erreichen, nachdem das Mobilfunknetz wieder hergestellt wurde.
Ein Viertel der Gebäude mit Hunden abgesucht
Helfer durchsuchen weiter mit Leichenspürhunden die ausgebrannten Gebäude. Erst rund ein Viertel davon sei inspiziert worden, teilte Polizeichef John Pelletier mit. Man rechne mit zehn bis 20 Leichenfunden pro Tag, so Gouverneur Green.
Die Behörden riefen die Angehörigen von Vermissten auf, DNA-Proben abzugeben, um diese gegebenenfalls abgleichen zu können. Inzwischen sei ein größeres Team von Forensikern und Pathologen auf der Insel eingetroffen, um bei der Identifizierung zu helfen, hieß es in Medienberichten. Auch eine mobile Leichenhalle sei aufgebaut worden.
Sturm am Wochenende erwartet
Bis zum Wochenende soll der größte Teil der Suche abgeschlossen sein. Die Zeit drängt, denn am Wochenende wird ein Sturm mit heftigen Regenfällen erwartet - er könnte die Bergungsarbeiten stark einschränken.
Der Bezirk Maui erwägt, vorsorglich die Stromversorgung abzustellen, um weitere Brände durch herunter fallende Leitungen zu verhindern, sagte Green. Der örtliche Stromversorger war in den vergangenen Tagen kritisiert worden, weil er bei heftigem Wind den Strom in einem feuergefährdeten Gebiet nicht abgestellt hatte.
Biden will Hawaii "so schnell wie möglich" besuchen
US-Präsident Joe Biden kündigte indes an, die Insel mit seiner Ehefrau Jill Biden "so schnell wie möglich" besuchen zu wollen - einen konkreten Zeitpunkt nannte er nicht.
Er wolle nicht, dass seine Anwesenheit die Rettungs- und Aufräumarbeiten unterbreche. "Ich möchte nicht im Weg stehen", sagte der Präsident und fügte hinzu, dass die Bergung mühsame Arbeit sei, die Zeit brauche. Biden sagte, er habe Gouverneur Green versichert, dass Hawaii "von der Bundesregierung alles bekommen wird, was es braucht". Er richte seine Gedanken und Gebete an die Menschen in Hawaii.
Der US-Präsident hatte in der vergangenen Woche wegen der Brände den Katastrophenfall ausgerufen und damit Hilfen des Bundes für die betroffenen Gebiete auf der US-Inselgruppe im Pazifik freigegeben.
Maui bittet Touristen, nicht anzureisen
Die Behörden von Maui stehen inzwischen vor der Aufgabe, Tausende Überlebende, die ihr Zuhause verloren haben, unterzubringen und zu versorgen. Die Hilfsbereitschaft ist enorm. Allein in Kahalui an der Nordküste von Maui bereiten mehrere renommierte Köche mit der Unterstützung unzähliger freiwilliger Helfer täglich 9.000 Mahlzeiten zu.
Für die obdachlos gewordenen Menschen stünden fast 2.000 Wohneinheiten zur Verfügung, darunter 400 Hotelzimmer, 1.400 Airbnb-Wohnungen und 160 Privathäuser, sagte Hawaiis Gouverneur Green. Die Tourismusbehörde wiederholte währenddessen ihre Appelle, Maui vorerst nicht zu besuchen. Man brauche den Platz in Hotels und Ferienwohnungen für die Einheimischen, die ihr Zuhause verloren haben.
Tödlichsten Brände seit mehr als 100 Jahren
Die Wald- und Buschbrände auf Maui sind die tödlichsten in den USA seit mehr als 100 Jahren. Die Feuer waren am 8. August an mehreren Orten auf Maui und der Nachbarinsel Hawaii ausgebrochen, die den gleichen Namen wie der Bundesstaat trägt.
Auf Maui wurde die Kleinstadt Lahaina, die vor dem Unglück 13.000 Einwohner zählte, besonders hart getroffen. Viele Straßenzüge dort sehen aus wie in einem Kriegsgebiet. Der Ortskern wurde völlig zerstört. Mehr als 2.000 Gebäude brannten teilweise oder ganz ab. Die Schäden werden auf mehrere Milliarden Dollar geschätzt. Die Ursache für die Katastrophe wird noch untersucht. Mitverantwortlich für die rasch um sich greifenden Brände sei auch ein Hurrikan gewesen, der südlich der Inseln vorbeigezogen sei, hatten die Behörden mitgeteilt.
Viele Einwohner von Lahaina werfen den Behörden vor, sie nicht rechtzeitig über die Brände informiert zu haben. Unter anderem habe es keinen Alarm durch die Warnsirenen gegeben, auch andere Schutzmaßnahmen hätten nicht gegriffen. Das Krisenmanagement der Behörden ist inzwischen Gegenstand von Ermittlungen. Viele Einwohner sind zudem erbost, weil sie nach wie vor nicht nach Lahaina zurückdürfen.
Mit Informationen von Katharina Wilhelm, ARD-Studio Los Angeles