US-Vizepräsidentin Harris Hoffnungsträgerin oder Enttäuschung?
Ob US-Präsident Biden zur Wahl 2024 erneut antritt, ist noch unklar. Doch wer wäre eine Alternative für die Demokraten? Vizepräsidentin Harris blieb blass und ist nicht sehr beliebt - aber abschreiben sollte man sie noch nicht.
Vor gut zwei Jahren ging das Video von Kamala Harris um die Welt. Beim Joggen erfuhr sie, dass Joe Biden die Präsidentschaftswahl gewonnen hatte und dass sie Vizepräsidentin werden würde. "We did it Joe", sagte Harris und lachte. Die erste Vizepräsidentin der USA, erste Schwarze in dem Amt mit indisch-jamaikanischen Wurzeln, Hoffnungsträgerin für viele.
Aber sie blieb blass, konnte keine eigenen Themen setzen - und ist nicht sehr beliebt. In Umfragen liegen ihre Zustimmungswerte zur Zeit bei um die 40 Prozent.
"Vizepräsidenten laufen unter dem Radar"
Das liege aber nicht an Fehlern von Harris, analysiert Politikwissenschaftler Michael Cornfield von der George Washington University. Vizepräsidenten liefen in den USA unter dem Radar. Es sei nicht ihre Schuld, das sei das Dilemma einer Vizepräsidentin. Harris stehe im Vergleich zu anderen Vizepräsidenten gar nicht so schlecht da. Sie bekomme zwar keine besonders gute Presse, aber auch keine besonders schlechte, andere Vizepräsidenten seien oft Zielscheibe von Spott gewesen.
Harris bekommt in den Medien zwar keinen Spott ab, aber immer wieder taucht die Frage auf: Wo ist eigentlich Harris? Und dabei war sie im Wahlkampf für die Midterms fast ständig unterwegs, unterstützte demokratische Kandidaten, sprach mit Studierenden. Aber die Aufmerksamkeit bekamen andere: Ex-Präsident Barack Obama beispielsweise oder Ex-Präsident Donald Trump.
Viele Themen - aber nichts sticht hervor
Harris positionierte sich auch in der Diskussion um das gekippte Abtreibungsrecht, organisierte runde Tische. Sie nannte den Obersten Gerichtshof in einem Interview mit dem Fernsehsender NBC aktivistisch, sie mache sich Sorgen um die Integrität des Gerichtes insgesamt. Aber auch das fand wenig Beachtung.
Harris wurde von Biden offiziell damit beauftragt, sich um die Migrationskrise zu kümmern und um die Reform des Wahlrechts. "Bei diesen Themen zu punkten, ist nahezu unmöglich", erklärt der Politikprofessor. Keine gute Ausgangslage für Harris, sollte Biden entscheiden, nicht für eine zweite Amtszeit zu kandidieren.
"Harris' Zeit kommt noch"
Die Demokraten hassten sie nicht, sie ignorierten sie auch nicht, so Cornfield. Aber Harris habe nichts, womit sie sich brüsten könne. Vier andere Demokraten hätten deutlich bessere Chancen: Verkehrsminister Pete Buttigieg, Außenminister Antony Blinken, Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom. Die besten Chancen räumt der Politikwissenschaftler der Gouverneurin von Michigan, Gretchen Withmer, ein. Ihr Spitzname sei Big Gretch, sie sei eine große Nummer.
Harris schreibt er aber nicht ab. Im Gegenteil, ihre Zeit werde noch kommen. Harris wäre für die Demokraten eine Spitzenkandidatin - 2028 oder 2032. Sie habe noch Zeit.
Und sollte Biden bei den kommenden Präsidentschaftswahlen erneut antreten und gewinnen - dann bliebe die 58-Jährige Vizepräsidentin, davon ist der Politikprofessor überzeugt. Biden habe die Wahl 2020 zum großen Teil den schwarzen Wählerinnen zu verdanken. "Harris abzuschreiben, wäre politischer Selbstmord", so Cornfield.