
G7-Staaten-Treffen in Quebec Ein mühsam errungener Kompromiss
Der große Eklat blieb aus. In Kanada konnten sich die Außenminister der G7-Staaten auf gemeinsame Positionen einigen. Doch die Verhandlungen waren schwierig - vor allem beim Thema Ukraine.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock war nach ihrem wahrscheinlich letzten G7-Außenministertreffen sichtlich erleichtert: "Es ist wirklich ein guter Tag", begrüßte sie die nach zweitägigen Verhandlungen erreichte Einigung. "Von den G7 hier geht eine sehr klare und deutliche Botschaft aus: Wir stehen als G7 felsenfest hinter der Ukraine und ihrer territorialen Integrität und Freiheit, die sie jeden Tag mutig verteidigen und damit auch die Freiheit und den Frieden Europas."
Tatsächlich konnten die Europäer trotz des Kurswechsels der Trump-Regierung ihre Kernanliegen durchsetzen. Russland wird aufgefordert, der Waffenruhe - wie es die Ukraine bereits getan hat - zuzustimmen. Andernfalls drohen weitere Sanktionen.
Für die Zeit nach Ende des Krieges heißt es in der Erklärung: Die Ukraine brauche "robuste und glaubwürdige" Sicherheitszusagen, damit sie neue Aggressionen abschrecken oder sich gegen sie verteidigen kann.
Russland nicht als "Aggressor" benannt
"Jetzt ist Putin am Zug", sagte Baerbock. "Noch gibt es keine wirkliche Klarheit. Aber in den ersten Reaktionen aus Moskau sehen wir: Statt eines klaren Bekenntnisses zu Frieden gibt es weiter Raketen, Bedingungen und Hinhalten."
Für US-Außenminister Marco Rubio war es das erste Treffen mit seinen Amtskollegen im G7-Kreis. Rubio hatte vor zu Russland-kritischen Formulierungen gewarnt. Die gemeinsame Erklärung vermeidet deshalb die bislang verwendete Bezeichnung Russlands als "Aggressor" - ein Erfolg für Rubio.
Auch die USA könnten zufrieden sein, sagte Rubio: "Wir haben nicht zugelassen, dass unsere Meinungsunterschiede - und die gibt es sicherlich - dass diese unsere enge Zusammenarbeit beeinträchtigen." Er fühle sich sehr gut nach der Einigung. Rubio äußerte sich vorsichtig optimistisch, dass auch Russland der Waffenruhe zustimmen werde. Es sei jedoch eine schwierige, komplexe Situation und es werde nicht einfach.
Schärfere Formulierungen zu China
Beim Thema Nahost konnte der US-Außenminister durchsetzen, dass es im Schlussdokument keinen Hinweis mehr auf die Zweistaatenlösung gibt. Stattdessen ist allgemeiner die Rede von einem "politischen Horizont für die Palästinenser". Auch auf Drängen Rubios sind die Formulierungen zu China schärfer als in früheren G7-Dokumenten.
Nicht auf der Tagesordnung - aber allgegenwärtig - waren Trumps Einfuhrzölle und der drohende Handelskrieg mit den westlichen Verbündeten. Sechs von sieben der wirtschaftsstarken Staaten waren hier gegenüber den USA sehr deutlich, betonte die Bundesaußenministerin: "Zerstörte oder auch angeschlagene Wirtschaftsbeziehungen zwischen Europa und Amerika hätten am Ende nur einen Gewinner: Und das wäre China."
G7-Treffen mit Trump im Juni
Auch mit Blick auf Trumps Annexionsdrohungen gegenüber Kanada fand Baerbock, zur Freude der kanadischen Medien, klare Worte: "Grenzen sind unverletztlich. In der Ukraine, in Grönland, in Panama, in Kanada. Egal, wo auf der Welt."
Ein offener Streit unter den G7-Staaten konnte in Quebec vermieden werden - wohl auch, weil Marco Rubio weniger konfrontativ als sein Chef im Weißen Haus ist. Ob die gemeinsamen Beschlüsse halten, wird sich spätestens auf dem G7-Gipfel der Regierungschefs Mitte Juni zeigen, dann erstmals mit Donald Trump.