Soldaten warten auf dem Gelände des G20-Gipfels auf das Eintreffen der Staats- und Regierungschefs führender Wirtschaftsmächte aller Kontinente.
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G20-Gipfel Was in Rio wichtig wird

Stand: 18.11.2024 16:45 Uhr

Vom globalen Hunger bis zur Steuer für Superreiche: In Rio ringen die G20-Staaten ab heute um Einigkeit. Doch wahrscheinlich werden geopolitische Konflikte die Gespräche dominieren. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Treffen in Brasilien.

Welches Thema steht bei dem Treffen im Fokus?

Ein zentrales Thema bei dem zweitägigen Treffen der Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer ist der Kampf gegen den weltweiten Hunger. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva möchte eine "Globale Allianz gegen Hunger und Armut" auf den Weg bringen.

G20-Gipfel in Rio mit Schwerpunkte Kampf gegen Armut und Klimaschutz

Xenia Böttcher, SWR, tagesschau, 18.11.2024 20:00 Uhr

Ziel ist es, Initiativen zur Steigerung der Lebensmittelproduktion und zur Bekämpfung von Hunger voranzutreiben. Als Vorbild dienen auch Maßnahmen der Politik Lulas in Brasilien. Dazu zählen Programme für arme Familien und Mikrokredite für Kleinbauern.

Deutschland, die USA sowie die EU haben ihre Unterstützung für die Allianz bereits zugesagt. "Zunächst einmal werden wir auf nationaler Ebene die erste Strategie zur Armutsbekämpfung in der EU entwickeln, aber auch auf globaler Ebene werden wir uns engagieren", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dem brasilianischen TV-Sender Globonews vor Beginn des Gipfels. 

Was könnte noch in der Gipfel-Erklärung stehen?

Auch ein Umbau des internationalen Systems gehört zu den erklärten Zielen der brasilianischen G20-Präsidentschaft. Lula versteht Brasilien als Sprachrohr des globalen Südens und will den Schwellenländern mehr Gehör verschaffen.

Lula will auch eine Einigung auf einen Rahmen für eine Vermögenssteuer für Superreiche erreichen. Die G20-Finanzminister hatten sich im Juli bereits in einer gemeinsamen Erklärung darauf geeinigt, sich für eine wirksame Besteuerung der Superreichen einzusetzen. 

Die Idee spaltete jedoch schon damals die G20-Staaten. Während etwa Frankreich, Spanien und Südafrika ihre Unterstützung zum Ausdruck brachten, sind die USA dagegen. Es ist daher fraglich, ob ein Passus zur Vermögenssteuer in die Abschlusserklärung aufgenommen werden wird.

Die G20 fassen bei ihren Gipfeltreffen in der Regel gemeinsame Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs, die zwar rechtlich nicht bindend sind, politisch aber trotzdem eine starke Signalwirkung haben. 

Wie steht es um das Thema Klimaschutz?

Für Gastgeber Lula hat das Anliegen hohen Stellenwert, er schreibt sich seit Amtsantritt Klimaschutz auf die Fahne. Eine der drei Arbeitssitzungen des Gipfels ist nachhaltiger Entwicklung und der Energiewende gewidmet.

Von den G20 könnte ein Signal ausgehen - in beide Richtungen, positiv wie negativ - für die weiteren Verhandlungen bei der aktuell parallel laufenden Weltklimakonferenz COP29 im aserbaidschanischen Baku, bei der die Verhandlungen bislang äußerst zäh laufen.

Mit US-Präsident Joe Biden hat Lula einen Mitstreiter an der Seite. Letzterer ist aber nur noch wenige Wochen im Amt. Sein designierter Nachfolger Donald Trump will verstärkt Öl fördern und hatte sich in seiner ersten Amtszeit vom Pariser Klimaabkommen abgewandt. Auch Argentinien wird in Rio mit am Tisch sitzen, und es wird befürchtet, dass das Land aus dem internationalen Pariser Klimaschutzabkommen ebenfalls aussteigen könnte.

Trump ist also nicht beim G20-Gipfel dabei?

Nein. Bis zur Amtseinführung im Januar ist Joe Biden Präsident der USA. Trump und die Erwartungen an seine Amtszeit werden aber sicherlich immer wieder am Gipfel eine Rolle spielen.

Der Republikaner setzt in der Außenpolitik auf Isolationismus und eine "America First"-Politik - Kooperation und Kommunikation auf Augenhöhe gehören nicht zu seinem Politikstil. Die anderen G20-Mitglieder werden sich darauf vorbereiten müssen.

Mit großem Interesse wird etwa die Haltung der USA zur Ukraine nach der Rückkehr von Trump ins Weiße Haus erwartet. Er hat angekündigt, den russischen Angriffskrieg innerhalb kurzer Zeit zu beenden und deutlich gemacht, dass die US-Militärhilfe für Kiew bald austrocknen dürfte.

Kommt Putin auch zu dem Treffen?

Nein. Zwar gehört Russland auch zu den G20-Staaten. Doch der russische Präsident Wladimir Putin hat abgesagt und schickt Außenminister Sergej Lawrow als Vertretung - wie schon in den vergangenen beiden Jahren nach der russischen Invasion in die Ukraine. Die G20-Gruppe der führenden Wirtschaftsmächte aller Kontinente ist das einzige Gesprächsformat, in dem Russland und wichtige NATO-Staaten noch mit hochrangigen Vertretern an einem Tisch sitzen. 

Bundeskanzler Olaf Scholz plant dort kein Gespräch mit Lawrow, wird nach Angaben aus seinem Umfeld aber mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping über den Ukraine-Krieg sprechen, der als wichtigster Verbündeter Putins gilt.

Scholz beim G20-Gipfel in Brasilien über Kriege in der Welt als Ursache für Hunger und Armut

tagesschau24, 18.11.2024 18:00 Uhr

Putin selbst hat seine Teilnahme am Gipfel abgesagt, um nicht "die normale Arbeit des Forums zu stören", das andere Themen habe. Gegen ihn liegt ein internationaler Haftbefehl des Weltstrafgerichts in Den Haag vor, weil ihm Kriegsverbrechen in der Ukraine zur Last gelegt werden. Daher würde Putin in Brasilien eine Festnahme riskieren. Die Ukraine gehört nicht zur G20. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde von den brasilianischen Gastgebern auch nicht als Gast nach Rio eingeladen.

Die "Gruppe der 20" wurde 1999 ins Leben gerufen, um die Kooperation in Fragen des internationalen Finanzsystems zu verbessern. Zunächst trafen sich die G20-Staaten ausschließlich auf Ebene der Finanzminister, 2008 kamen erstmals die Staats- und Regierungschefs zu einem Gipfel zusammen.

Der G20 gehören alle Mitglieder der Gruppe der sieben wichtigsten Industriestaaten - der G7 - an: die USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada. Hinzu kommen Russland und China sowie die großen Schwellenländer Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika; außerdem Argentinien, Australien, Indonesien, Saudi-Arabien, Südkorea, die Türkei und die Europäische Union.

Zusammengestellt von der dpa.

Evi Seibert, ARD Berlin, tagesschau, 18.11.2024 01:53 Uhr