Detonationen vor Oberstem Gerichtshof Offenbar Selbstmordanschlag in Brasilia
Nur Tage vor Beginn des G20-Gipfels in Brasilien hat sich offenbar ein Mann vor dem Obersten Gericht in Brasilia in die Luft gesprengt. Weitere Tote oder Verletzte gab es nicht. Die Identität des Täters wird noch ermittelt.
Kurz vor dem G20-Gipfel in Brasilien hat sich vor dem Obersten Gerichtshof in der Hauptstadt Brasilia ein mutmaßlicher Selbstmordanschlag ereignet. Nach vorläufigen Informationen soll ein Mann zunächst versucht haben, in das Gerichtsgebäude im Regierungsviertel einzudringen, bevor er sich selbst mit einem Sprengsatz tötete, erklärte die Vize-Gouverneurin des Bundesdistrikts, Celina Leão. Es gebe keine Verletzten, sagte Leão weiter. Die Polizei erklärte, eine Untersuchung zu den "Angriffen" eröffnet zu haben.
Laut Leão habe eine zweite Detonation zuvor den Kofferraum eines in der Nähe geparkten Autos aufgesprengt, das dem Angreifer gehört haben soll. Die Polizei setzte einen Bombenentschärfungsroboter ein, um das Gelände nach weiteren Sprengsätzen zu untersuchen.
In einer Erklärung des Gerichts hieß es zuvor, dass zwei Explosionen kurz nach Ende einer Sitzung, gegen 19.30 Uhr (Ortszeit), zu hören waren. Die Richter und Mitarbeiter des Gerichts evakuierten das Gebäude.
Medien: Täter soll Bolsonaro-Anhänger sein
Die Polizei teilte mit, die endgültige Identifizierung des Toten stehe noch aus, da das Risiko weiterer Explosivstoffe am Körper nicht ausgeschlossen werden könne. Lokale Medien berichteten, das Auto, dessen Kofferraum aufgesprengt wurde, gehöre einem Mann, der Mitglied der Liberalen Partei Brasiliens sei - der Partei des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro.
In Sozialen Netzwerken soll der Mann angekündigt haben, eine Bombe im "Haus der Kommunisten" deponieren zu wollen, daneben soll er ein Bild des Gerichtshofs gepostet haben. Zum Zeitpunkt des Attentats trug er offenbar Kleidung mit Motiven der Comic-Figur Joker. Ein Parteikollege erklärte gegenüber Medien, der Mann habe zuletzt einen verwirrten Eindruck gemacht.
"Es könnte ein einsamer Wolf gewesen sein"
Gouverneurin Leão sagte, dass erst die Ermittlungen zeigen werden, ob es sich bei dem Besitzer des Fahrzeuges tatsächlich um den Mann handelt, der bei den Explosionen ums Leben kam. "Es könnte ein einsamer Wolf gewesen sein", sagte Leão. Trotzdem empfahl sie, den Kongress zu schließen, um kein Risiko einzugehen.
Der brasilianische Senat folgte Leãos Aufforderung, und auch die Abgeordnetenkammer wird nach Angaben ihres Präsidenten Arthur Lira bis zum Mittag geschlossen bleiben. Die brasilianische Bundespolizei erklärte, dass sie Ermittlungen durchführe und nannte zunächst kein Motiv.
Lula während Explosionen nicht in Präsidentenpalast
Die Explosionen ereigneten sich am Platz der drei Mächte in Brasilia. Dort befinden sich auch die wichtigsten Regierungsgebäude. Die Polizei sperrte alle Zugänge zu dem Gebiet. Ein Sprecher des brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, sagte, der Staatschef sei zum Zeitpunkt der Explosion nicht im benachbarten Präsidentenpalast gewesen.
Ab kommendem Montag trifft sich die G20-Gruppe in Brasilien. In Rio de Janeiro sollen die Staats- und Regierungschefs zusammenkommen, unter ihnen US-Präsident Joe Biden und der chinesische Staatschef Xi Jinping. Danach soll Xi im Land bleiben, da er zu einem Staatsbesuch in der Hauptstadt erwartet wird.
Prozesse gegen Bolsonaro-Anhänger vor Gerichtshof
Der Oberste Gerichtshof ist seit Jahren Zielscheibe verbaler Attacken von Bolsonaro-Anhängern. Auch der Ex-Präsident selber hatte dem Gericht vorgeworfen, seine Amtsführung behindert und seine Wiederwahl 2022 durch Manipulationen verhindert zu haben.
Am 8. Januar 2023 hatten wütende Bolsonaro-Anhänger das Regierungsviertel gestürmt und dabei auch das Oberste Gericht verwüstet. Bisher wurden 265 Personen wegen des damaligen Angriffs durch das Oberste Gericht verurteilt. Ihnen wird vorgeworfen, gegen den gewählten Präsidenten Lula da Silva geputscht zu haben. Weitere Prozesse hatten in der vergangenen Woche begonnen.
Bolsonaro wirft dem Gericht vor, mit überzogener Härte die strafrechtliche Verfolgung seiner Anhänger durchzuführen. Er und weitere Politiker setzen sich für eine Amnestie der an den Unruhen vom Januar 2023 beteiligten Personen ein.