Havarie bei Baltimore US-Behörden gehen von Unfall aus
Die Ermittlungen nach dem Einsturz der Francis Scott Key Bridge in Baltimore laufen auf Hochtouren. Die Behörden sehen derzeit aber keinen Hinweis, dass die Crew des Frachters "Dali" das Frachtschiff mit Vorsatz gegen einen Brückenpfeiler steuerte.
Mitten in der Nacht rammt der Frachter "Dali" die Francis Scott Key Bridge in Baltimore - die vierspurige Brücke bricht zusammen und reißt Autos und Menschen ins Wasser. Nach Angaben der Behörden gibt es allerdings keine Hinweise auf einen terroristischen Anschlag. "Die vorläufige Untersuchung deutet auf einen Unfall hin. Wir haben keine belastbaren Beweise für einen Terroranschlag gefunden", sagte der Gouverneur des US-Bundesstaats Maryland, Wes Moore, bei einer Pressekonferenz.
Ein Vertreter der Bundespolizei FBI äußerte sich ähnlich. Es gebe keine konkreten oder glaubwürdigen Informationen, die darauf hindeuteten, dass der Vorfall mit Terrorismus in Verbindung steht, sagte Ermittler William DelBagno. Auch Baltimores Polizeipräsident Richard Worley hatte zuvor erklärt, dass "keinerlei Hinweise" darauf vorlägen, dass der Kapitän des Schiffs die Havarie provoziert haben könne.
Crew berichtet von Stromausfall
Gouverneur Moore machte auch erste Angaben dazu, was sich an Bord der "Dali" abgespielt haben soll, bevor der Frachter mit dem Pfeiler der Brücke kollidierte. Es habe nach Angaben der Besatzung Probleme mit dem Strom am Bord gegeben, erklärte er. Demnach habe die Crew kurz vor dem Zusammenstoß ein Notsignal absetzen können.
Örtliche Beamte wären deshalb in der Lage gewesen, den Verkehr zu stoppen, damit nicht noch mehr Autos auf die Brücke gelangten. Weitere Informationen zur Ursache und Hergang des Unfalls machte Gouverneur Moore zunächst nicht. Zuvor hatte der Sender ABC News unter Berufung auf den US-Geheimdienst gemeldet, das Schiff habe bei der Ausfahrt aus dem Baltimorer Hafen den Antrieb verloren - die Besatzung habe daraufhin gemeldet, dass es manövrierunfähig sei.
Arbeiter sollen auf Brücke gewesen sein
Wie US-Medien unter Berufung auf die Küstenwache und die Feuerwehr berichteten, waren gegen 1.30 Uhr (6:30 deutscher Zeit) erste Notrufe eingegangen. Auf Videos einer Überwachungskamera, die in sozialen Netzwerken verbreitet wurden, war zu sehen, wie das Schiff einen der Stützpfeiler rammte und daraufhin große Teile der Brücke ins Wasser stürzten. Auch mehrere Fahrzeuge, die zum Zeitpunkt des Einsturzes auf der Brücke standen, stürzten in den Fluss.
Nach Angaben von Marylands Verkehrsminister Paul Wiedefeld sollen sich zum Zeitpunkt des Unfalls Arbeiter auf der Brücke befunden haben, die Beton-Ausbesserungen vorgenommen hätten. Aber es sei ebenfalls nicht bekannt, wie viele Menschen dort waren, als praktisch der gesamte über dem Wasser befindliche Teil der etwas mehr als 2,5 Kilometer langen Brücke einstürzte.
Sechs Menschen werden vermisst
Marylands Verkehrsminister Wiedefeld bezeichnete den Vorfall als "katastrophalen Kollaps." Seinen Angaben zufolge werden weiterhin sechs Menschen vermisst. Zwei Menschen seien bislang gerettet worden, von denen eine Person sich im Krankenhaus befände. Man gehe davon aus, dass es sich bei den Opfern um Bauarbeiter handele, erklärte Wiedefeld. Nach den Vermissten werde aktiv gesucht. Zwischenzeitlich war von bis zu 20 Vermissten die Rede gewesen.
Das havarierte Cointainerschiff "Dali" gehört der Charterfirma Synergy Marine Group aus Singapur. Die dänische Reederei Maersk hatte die "Dali" nach eigenen Angaben für einen Transport von Baltimore nach Colombo in Sri Lanka gechartert. Die Besatzung befindet sich den Angaben zufolge weiterhin an Bord und soll vollzählig und wohlauf sein.
Interstate 695 über Patapsco-Fluss
Die etwa 2,57 Kilometer lange Brücke wurde 1977 fertiggestellt. Sie ist eine vierspurige Straßenbrücke, über die die Autobahn Interstate 695, genannt "Baltimore Beltway", verläuft. Die Brücke verbindet die vom Patapsco-Fluss getrennten Stadtteile Hawkins Point und Dundalk.
Nach dem Brückeneinsturz mussten mehr als 40 Schiffe zunächst im Hafen bleiben, der als verkehrsreichster US-Hafen für Automobiltransporte gilt. Mindestens 30 Schiffe waren auf dem Weg nach Baltimore. Ob und wann sie einlaufen können, ist unklar.
US-Regierung will Kosten übernehmen
US-Präsident Joe Biden kündigte weitreichende finanzielle Unterstützung an. "Ich beabsichtige, dass die Bundesregierung die gesamten Kosten für den Wiederaufbau dieser Brücke übernimmt", sagte der Staatschef bei einer Pressekonferenz in Washington. "Und ich erwarte, dass der Kongress meine Bemühungen unterstützt."
Er habe Marylands Gouverneur Moore versprochen, jegliche Maßnahmen zu ergreifen, um die Brücke wieder zu errichten und den Hafen von Baltimore, der gleich hinter der Francis Scott Key Bridge liegt, "so schnell wie menschlich möglich" wieder zu öffnen.