US-Außenministerium Al-Adel soll neuer Al-Kaida-Anführer sein
Nach dem Tod von Al-Kaida-Chef al-Sawahiri im vergangenen Sommer gibt es nach Erkenntnissen der USA und der UN einen neuen Anführer: Es soll demnach der langjährige ägyptische Extremist al-Adel sein.
Seit dem Tod von Al-Kaida-Chef Aiman al-Sawahiri im vergangenen Sommer ist die Terrororganisation offiziell ohne Anführer: Nach Erkenntnissen der USA wird der langjährige ägyptische Extremist Saif al-Adel als neuer Chef des Terrornetzwerkes Al-Kaida angesehen. Das bestätigte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, auf entsprechende Fragen von Journalisten. Die Einschätzung der US-Regierung stimme mit einem UN-Bericht überein, der am Montag an den UN-Sicherheitsrat verteilt worden sei, so Price.
Kopfgeld auf Al Adel ausgesetzt
In diesem Report sei der frühere Militär als neuer Kopf des Terrornetzwerks identifiziert worden. Demnach wird angenommen, dass sich al-Adel derzeit im Iran aufhält. Die USA suchen den Mann im Zusammenhang mit den Bombenanschlägen auf die US-Botschaften in Tansania und Kenia im Jahr 1998. Sie haben ein Kopfgeld von zehn Millionen Dollar (etwa 9,3 Millionen Euro) auf ihn ausgesetzt, wie aus einem Steckbrief der Bundespolizei FBI hervorgeht. Er wird darin als hochrangiger Al-Kaida-Führer und Leiter des Hittin-Komitees beschrieben, das die transnationalen Aktivitäten der Gruppe festlege und koordiniere. Der heute um die 60 Jahre alte al-Adel war früher Oberstleutnant der ägyptischen Spezialkräfte.
Demnach heißt es in dem UN-Bericht, die vorherrschende Auffassung der UN-Mitgliedstaaten sei, dass al-Adel mittlerweile Al-Kaida führe. Er sei demnach aber aus zwei Gründen nicht offiziell zum "Emir" des islamistischen Terrornetzwerks ausgerufen worden: Zum einen sei die Angelegenheit delikat, weil die in Afghanistan herrschenden radikalislamischen Taliban nicht eingestehen wollten, dass Al-Kaida-Chef al-Sawahiri vergangenes Jahr von den USA in einem Haus in Kabul getötet worden sei. Zum anderen lebe al-Adel im Iran und damit in einem mehrheitlich schiitischen Land, wohingegen Al-Kaida eine sunnitische Gruppe ist.
Weiter hieß es in dem UN-Bericht, al-Adels Aufenthalt im Iran werfe Fragen auf hinsichtlich der "Ambitionen von Al-Kaida bei der Behauptung seiner Führung einer weltweiten Bewegung angesichts der Herausforderungen durch den IS", also die rivalisierende Dschihadistenmiliz Islamischer Staat.
Ex-FBI-Ermittler: "Sein Temperament ist berüchtigt"
Der ehemalige FBI-Ermittler Ali Soufan, der an der Fahndung nach Al-Kaida-Aktivisten beteiligt war, beschreibta al-Adel nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters als gewiefte Persönlichkeit und Pokerface. "Sein Temperament ist berüchtigt. Mit seiner scharfen Zunge droht er jedem, der ihm missfällt, Gewalt an. Er ist dafür bekannt, dass er Illoyalität sofort mit rücksichtsloser Gewalt bestraft", schrieb Soufan. Bei Untergebenen könne er verächtlich und sogar brutal werden. Andererseits sei er auch für freundliche Ratschläge bekannt. Der Fachmann am Institut für nationale Sicherheitsstudien der Universität Tel Aviv, Yoram Schweitzer, urteilte: "Er ist eine sehr mutige, professionelle und kaltblütige Persönlichkeit."
Al-Adel soll wichtige Rolle haben
Experten gehen davon aus, dass al-Adel seit Jahrzehnten zum innersten Al-Kaida-Kreis gehört. Sie vermuten, dass er die Aufgabe übernehmen muss, die Al-Kaida-Zellen im Nahen Osten, Afrika und Asien strategisch zu führen. Es gibt aber auch Zweifel, ob er diesen Aufgaben gewachsen ist. "Viele Insider sind der Meinung, dass er in der Vergangenheit eine wichtige operative Rolle gespielt hat, dass er aber nicht für eine Führungsrolle geeignet ist", sagte der Experte der International Crisis Group, Jerome Drevon. "Seine Fähigkeiten eignen sich eher für die Planung bewaffneter Einsätze als für die Verwaltung eines großen Netzwerks."
Al Kaida offiziell seit August ohne Anführer
Al-Kaida ist offiziell ohne Anführer, seit al-Sawahiri im vergangenen August bei einem gezielten US-Luftangriff in Afghanistan getötet wurde. Al-Sawahiri übernahm 2011, nachdem der langjährige Anführer Osama bin Laden von US-Spezialeinheiten in seinem Versteck in Pakistan getötet worden war. Das Terrornetzwerk hatte sich für die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA verantwortlich erklärt. Al-Adels mutmaßlicher Aufenthalt im Iran sei nur ein weiteres Beispiel für die weitreichende Unterstützung des Terrorismus sowie die destabilisierenden Aktivitäten Teherans in der Region und darüber hinaus, sagte Price weiter.