New Yorks Bürgermeister Eric Adams an der Concourse Village Elementary School in der Bronx.

New Yorks Bürgermeister Kritik an Adams "Harter Hund"-Politik

Stand: 11.01.2022 12:43 Uhr

"Man kann New York City nicht von zu Hause am Laufen halten", sagt der neue Bürgermeister Adams - und will auch bei einer Inzidenz von 3600 keine Corona-Beschränkungen. Mancher Stadtbezirk will da nicht mitmachen.

Von Peter Mücke, ARD-Studio New York

New Yorks neuer Bürgermeister gibt sich als harter Hund. Der Ex-Polizist Eric Adams ist stets mit Waffe unterwegs und lehnt Sicherheitsbeamte ab. Auch vor der Omikron-Variante des Coronavirus, das New York erneut fest im Griff hat, zeigt er keine Schwäche. "Die Stadt muss offen bleiben", gab er kürzlich als Devise aus. "Wir können nicht wieder schließen. Wir können es uns nicht leisten, dass die Stadt weiter in die wirtschaftliche Hoffnungslosigkeit rutscht."

Demonstrativ ließ sich Adams in der Neujahrsnacht inmitten der Feierlichkeiten am Times Square vereidigen. Ein Ort, den jeder New Yorker nicht nur zu dieser Zeit meidet: Der "Balldrop" in der Silvesternacht, das Herablassen des sogenannten Zeitballs ist eine reine Touristenveranstaltung - aber um die geht es Adams auch. Seinem Vorgänger De Blasio wirft er vor, eine zu wirtschafts- und touristenfeindliche Politik gemacht zu haben. Und so lautet Adams Credo: Zurück zur Normalität - alle Mann zurück ins Büro. Und das bei einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 3600.

Manhattan-Chef rät zur Vorsicht

"Nehmen wir den Buchhalter in einer Bank. Es geht ja nicht nur um ihn. Wenn er im Büro arbeitet, dann profitiert das gesamte finanzielle Ökosystem davon", führt Adams aus. "Er geht mit seinem Anzug in die Reinigung. Er geht ins Restaurant mit Gästen. 70 Prozent der Hotelbetten werden von Geschäftsreisenden gebucht. Er kauft sich einen Hot Dog auf der Straße - hoffentlich einen veganen Hot Dog. Er tut was für die Wirtschaft. Man kann New York City nicht von zu Hause am Laufen halten."

Diejenigen, die sich an die Marschroute ihres vegan lebenden neuen Stadtoberhaupts halten, müssen sich in völlig überfüllte U-Bahnen pferchen - wenn denn überhaupt welche kommen. 21 Prozent der Fahrer und Abfertiger sind krank zu Hause. Wegen Personalmangels wurden drei Linien ganz gestrichen. Auf den anderen fährt oft nur jeder zweite oder dritte Zug.

Weshalb Marc Levine, der Stadtteilbürgermeister von Manhattan, eine andere Empfehlung für die New Yorker hat: "Es ist jetzt die Zeit, vorsichtig zu sein. Wer von zu Hause arbeiten kann, der sollte das auch tun", sagt er. Im Büro des Bezirksbürgermeisters werde für alle Mitarbeiter Homeoffice möglich sein, solange die Infektionszahlen so hoch sind - danach werde man zu einer Mischform übergehen. "Das würde ich gerne überall so sehen", sagt Levine. "Für die Sicherheit der Mitarbeiter und auch um deutlich zu machen, dass sich Arbeit einfach verändert hat."

Offene Schulen: Lehrerverband skeptisch

Levine ist nicht der einzige, der vom Corona-Kurs des Super-Cops im Rathaus entsetzt ist. Die Krankenhäuser der Stadt klagen über volle Betten und immer mehr krankes Personal. Und Lehrer und Eltern schütteln den Kopf über Adams' Aussagen wie diese: "Der sicherste Ort für unsere Kinder ist in einem Schulgebäude."

"Die Schulen sind nicht sicher", steht auf einem Protestschild, dass eine Frau in New York hochhält."Die Schulen sind nicht sicher", steht auf einem Protestschild, dass eine Frau in New York hochhält.

"Die Schulen sind nicht sicher": Viele New Yorker haben Zweifel an Bürgermeister Adams Kurs in der Corona-Krise.

Deshalb geht New York nicht den Weg, den andere Städte in den USA längst wieder eingeschlagen haben: Schulen nach den Weihnachtsferien erstmal geschlossen zu lassen und Online-Unterricht anzubieten, obwohl das auch die New Yorker Lehrergewerkschaft fordert.

Es gelte erst einmal zu ermitteln, wie viel Lehrpersonal noch einsatzfähig ist, sagt Gewerkschaftschef Michael Mulgrew: "Jeden Tag melden sich Lehrer ab, weil eines ihrer Kinder oder sie selbst positiv getestet wurden. Jetzt nach dem Feiertagen haben wir Infektionsraten, wie wir sie noch nie hatten."

Kaum Corona-Tests verfügbar

Viele Eltern lassen ihre Kinder deshalb einfach zu Hause, so wie die Mutter Heather Clark aus Brooklyn. Sie meint: "Niemand kann mir erzählen, dass meine Kinder sicherer in einem überfüllen, schlecht belüfteten Klassenraum sind, in dem kaum jemand eine Maske trägt."

Hinzu kommt: Überall in der Stadt muss man zur Zeit stundenlang bei Minusgraden anstehen, um auf Corona getestet zu werden. PCR-Tests sind vielerorts gar nicht mehr vorrätig - und wenn doch, dauert es Tage, bis das Ergebnis vorliegt. Selbsttest gibt es kaum zu kaufen und sind mit rund 20 Dollar pro Stück vergleichsweise teuer.

Doch Bürgermeister Adams sieht das Problem anderswo: "Die Erwachsenen müssen, aufhören die Kinder zu traumatisieren", sagt er dazu. Man dürfe Kindern nicht länger den Eindruck vermitteln, dass die, die Entscheidungen treffen, "hysterisch" seien.

 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 11. Januar 2022 um 13:07 Uhr.