Proteste nach tödlichen Fluten In Libyen wächst die Wut
In Libyen wird die Kritik an der Regierung nach der Flutkatastrophe immer lauter. Die Demonstranten werfen der Politik Versagen beim Krisenmanagement und jahrelanges Missmanagement vor.
Eine Woche nach der Flut wächst in Darna die Wut auf die Politik. Hunderte Menschen versammelten sich am frühen Abend an der Sabaha-Moschee im Zentrum der Stadt. Die Demonstranten riefen zur Einigkeit Libyens auf und warfen den Politikern im Land Verantwortungslosigkeit vor.
Ein Demonstrant sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Wir beten, dass die Gestorbenen Frieden finden und ich hoffe, das ist jetzt das Ende der Katastrophen. Wir bitten nur darum, dass beim Wiederaufbau keine libysche Firma beteiligt wird. Denn in Darna sind alle korrupt - vom Bürgermeister bis zu den Beamten."
Kritik auch an Krisenmanagement
Die Regierenden in Libyen stehen wegen langjährigen Versäumnissen und wegen des chaotischen Krisenmanagements während und nach der Flut in der Kritik. So waren Warnungen in der Flutnacht widersprüchlich. Und obwohl es schon lange Hinweise gab, dass die zwei Dämme oberhalb der Stadt marode waren, wurden sie jahrelang nicht gewartet.
Als die Dämme in der Nacht von Sonntag auf Montag brachen, riss das Wasser große Teile der Stadt Darna mit ins Meer. Tausende Menschen wurden getötet, die Zahl der Vermissten ist noch immer sehr hoch.
Der Generalstaatsanwalt hat zwar Ermittlungen eingeleitet und angekündigt, mögliche Fehler aufzuklären. Doch viele Experten und auch die Demonstranten bezweifeln, dass hochrangige Politiker ernsthaft für Versäumnisse zur Verantwortung gezogen werden.
Demonstranten fordern Konsequenzen
Die Protestierenden fordern unter anderem den Rücktritt von Aguila Saleh. Der Präsident des Parlaments mit Sitz im Osten des Landes war in seiner ersten Rede nach den Überschwemmungen auf Versäumnisse der Politik nicht eingegangen und hatte stattdessen nur von einer Naturkatastrophe und Schicksal gesprochen.
Politisch ist Libyen zweigeteilt. Während die international anerkannte Regierung ihren Sitz in Tripolis hat, wird der Osten von den Truppen des Generals Khalifa Haftar kontrolliert. Der machte sich am Freitag ein Bild von der Lage. Mit großem Konvoi traf er in der Stadt ein - sprach öffentlichkeitswirksam mit Rettungskräften und Kommandeuren seiner Milizen, nicht aber mit Einwohnern von Darna.
Worten folgen keine Taten
Kritiker werfen Hafter und seinen Söhnen vor, die Hilfen für Darna für den eigenen Machterhalt einzusetzen.
Aus der mit ihm konkurrierenden Regierung im Westen gab es zuletzt zwar Bekenntnisse zur nationalen Einheit, aber Experten wie Ramzy Rumeh bemängeln, dass trotz der Worte bislang Taten fehlen: "Der international anerkannte Regierungschef Dbeibah hat sich noch nicht die Mühe gemacht, Darna und die Menschen dort zu besuchen", so Rumeh im Fernsehsender Al Hadath. "Warum ist dies keine Gelegenheit, die Institutionen des Staates zu vereinen, um Präsidentschaftswahlen vorzubereiten?“
Die Demonstranten in Darna haben kein Vertrauen in die Politik ihres Landes. Deshalb fordern sie, dass ein Wiederaufbau Darnas unter internationaler Aufsicht stattfinden soll.