Proteste in Libyen Auf die Straße für Strom und bezahlbares Brot
Gegen schlechte Lebensbedingungen und politischen Stillstand haben in Libyen Hunderte Menschen protestiert. In Tobruk stürmte die Menge das Parlamentsgebäude. Die Demonstranten forderten Strom und niedrigere Brotpreise.
Wütende Demonstrantinnen und Demonstranten haben das libysche Parlament im Osten des nordafrikanischen Landes angegriffen. Auf Bildern libyscher Fernsehsender war zu sehen, wie sie an dem Gebäude in der Stadt Tobruk Feuer entzündeten und Steine schmissen. Eine Aufnahme in den sozialen Medien zeigte einen Bulldozer, der gegen ein Tor des Parlaments rammte. Mehrere örtliche Fernsehsender berichteten, dass es der Menge gelang, in das Parlament einzudringen.
Die libysche Nachrichtenseite "Al-Wasat" meldete, die Demonstrierenden verlangten die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen. Zugleich hieß es, die Proteste richteten sich auch gegen die schlechten Lebensbedingungen im Land. "Wir wollen Licht", skandierten die Menschen. Libyen leidet seit mehreren Tagen unter Stromausfällen.
Demonstrationen auch in der Hauptstadt Tripolis
Zuvor war es den Angaben zufolge auch in anderen Städten zu Demonstrationen gekommen. Unter anderem in der Hauptstadt Tripolis im Westen des Landes versammelten sich mehrere hundert Menschen auf einem zentralen Platz, wo sie gegen die Milizen und die führenden Politiker protestierten. Die Menschen hätten das Vertrauen in die führenden Politiker verloren, sagte ein Demonstrant.
Bürgerkrieg seit mehr als zehn Jahren
Libyen leidet seit 2011 unter einem Bürgerkrieg, der nach dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi ausgebrochen war. Derzeit ringen zwei Regierungen um die Macht. In der Hauptstadt sitzt die Führung um Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba. Zugleich beansprucht die Regierung von Ex-Innenminister Fathi Baschaga die Macht für sich. Dieser ist mit dem Parlament im Osten verbündet.
Das Parlament hatte Baschagha am 10. Februar in der östlichen Stadt Tobruk an die Spitze einer Übergangsregierung berufen. Baschagha sollte Dbeibah ablösen, der seit 2020 die Regierung in Tripolis anführt. Dbeibah will die Macht jedoch nur an eine vom Volk gewählte Regierung abtreten. Er bekundete seine Sympathie mit den Demonstrierenden.
Uneinigkeit über Kandidat
In dieser Woche waren in Genf Gespräche zwischen führenden Vertretern der verfeindeten Lager ohne endgültige Einigung zu Ende gegangen. Dabei ging es um den verfassungsrechtlichen Rahmen für Neuwahlen. Beide Seiten hätten zu vielen Fragen einen Konsens erzielt, teilte die UN-Sonderberaterin Stephanie Williams mit.
Trotz des Fortschritts gebe es aber weiter Uneinigkeit in der Frage, wer bei der ersten Präsidentenwahl als Kandidat antreten dürfe. Beobachter befürchten neue Kämpfe, sollten die Verhandlungen endgültig scheitern.