Verkehr in Lagos Mit der Fähre am Stau vorbei
Stundenlang im Stau zu stehen ist für Autofahrer in Nigerias Metropole Lagos nichts Ungewöhnliches. Die vielen Wasserwege der Stadt bieten eine Alternative, die nun ausgebaut werden soll. Doch Beobachter sind skeptisch.
Die Megacity Lagos in Nigeria ist eine der bevölkerungsreichsten Städte der Welt. Und sie liegt an einer riesigen Lagune. Gewohnt wird meist auf dem Festland, gearbeitet auf einer der großen Inseln - etwa in den Bankentürmen auf Victoria Island oder im Tiefseehafen von Lekki. In der Rushhour staut sich der Berufsverkehr auf den Straßen und Brücken zu den Inseln kilometerlang.
Verkäuferin Ivy Junaid erzählt der Nachrichtenagentur AFP von ihrem zermürbenden Arbeitsweg mit dem Auto: "Du musst um 4 Uhr morgens aufstehen und dich beeilen und trotzdem bleibst du im Stau stecken. Dann arbeitest du und manchmal schläfst du im Auto."
Früher sei das Alltag für sie gewesen, aber nun ist alles anders. Denn jetzt nimmt sie die Fähre und braucht statt drei Stunden nur noch 30 Minuten: "Mit dem Boot ist das alles nicht nötig: Ich kann viel später aufstehen, in Ruhe frühstücken. Dann gehe ich hier aufs Boot, und in 30 Minuten bin ich drüben. Es ist so viel einfacher!"
Für die Allgemeinheit bislang zu teuer
Im Moment ist das Fährgeschäft noch in der Hand von privaten Anbietern, und die sind für viele Menschen in Lagos zu teuer. Günstigere staatliche Fähren gebe es nur wenige, berichtet eine weitere Passagierin. Das koste sie in etwa genauso viel wie der Landweg." Also ich fahre zu 80 Prozent mit dem staatlichen Boot. Aber klar, an Tagen wie diesen, wenn es nicht fährt, muss ich ein privates Boot nehmen."
Die meisten Fähren in Lagos sind noch in der Hand privater Anbieter und für viele Menschen daher zu teuer.
Die Regierung wolle das Angebot an staatlichen Fähren nun massiv ausbauen, sagt Oluwadamilola Emmanuel von der für Wasserwege zuständigen Behörde. "Wenn es darum geht, den Verkehr zu entlasten, dann sind die Wasserstraßen ein wertvoller Schatz." Hier würden nun 410 Millionen Euro investiert. "Und wir glauben fest daran, dass wir damit den Anteil der Bootspassagiere am Pendlerverkehr von zwei auf zehn Prozent steigern können."
Förderung von der EU
Einen Teil der Finanzierung hat Nigeria vergangenes Jahr bei der Weltklimakonferenz in Dubai eingeworben. Denn das Weltbank-Projekt "Omi Eko", übersetzt Lagos' Gewässer, soll nicht nur den Verkehr entlasten, sondern auch rund 40.000 Tonnen CO2 einsparen - pro Jahr. Dafür sollen Elektro-Fähren angeschafft werden.
Die größten Kreditgeber sind die Europäische Investitionsbank mit 170 Millionen Euro und die französische Entwicklungsagentur AFD mit 130 Millionen.
Wirklich klimafreundlich und sozial verträglich?
Monika Umunna, Leiterin des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Lagos berichtet, dass es den Plan, die Wasserwege zu nutzen, bereits seit zehn Jahren gäbe. Bislang sei aber wenig passiert. Und auch dieses Mal ist sie skeptisch: "Es stellt sich für mich schon die Frage, wie grün das dann genau ist und ob die wirklich mit Solar betrieben sind. Grünen Strom haben wir ansonsten hier nicht." Dies werde sich auch nicht so schnell ändern.
Und auch soziale Fragen müssten dringend berücksichtigt werden, gibt Umunna zu bedenken: "Damit sie sich jeder leisten kann, muss der Staat die Fähren subventionieren." Das sei angesichts der Wirtschaftskrise in Nigeria aber eher unwahrscheinlich. Und: In der Vergangenheit seien für den Bau von Fähranlegern bereits Menschen aus ihren Häusern vertrieben worden. Das müsse diesmal unbedingt verhindert werden.
Die Arbeit, die auf die Stadt zukommt, ist groß: 25 neue Fährterminals sollen gebaut und bestehende Fähranleger ans Stromnetz angeschlossen werden. Es braucht Zufahrtswege und Parkplätze, und nicht zuletzt müssen die Wasserstraßen ausgebaggert und Fährkapitäne ausgebildet werden. In sechs Jahren soll angeblich alles fertig sein.