Ein Mann in weißem Overall und Handschuhen steht vor einem transparenten Bildschirm und berührt ihn, der Hintergrund ist gelb.
Bosch hat bereits eine neue Fabrik in "Silicon Saxony" gebaut und will seine Kapaztitäten mit 250 Millionen Euro weiter ausbauen. Bildrechte: Bosch

Dienstags direkt | 30.05.2023 | 20-23 Uhr Silicon Saxony im Chip-Fieber

31. Mai 2023, 15:57 Uhr

Der Osten setzt auf High-Tech. Nach Intel in Magdeburg baut Infineon eine neue Chipfabrik bei Dresden. Bosch hat 2021 ein Halbleiterwerk eröffnet und will seine Kapazitäten weiter ausbauen. Gleichzeitig häufen sich Hinweise, um eine mögliche Ansiedlung des taiwanesischen Chipherstellers TSMC in Dresden. Sind die mit Milliardensubventionen neu geplanten Chipfabriken von Infineon & Co eine Riesenchance oder eine übertriebene Geldspritze an rentable Unternehmen deren Wirkung durch internationale Wertschöpfungsketten verpufft? Unser Thema bei Dienstags direkt.

Unsere Gäste

  • Frank Bösenberg, Geschäftsführer des Hightechnetzwerks "Silicon Saxony"
  • Sandra Yvonne Stieger, Wirtschaftsbürgermeisterin Magdeburg
  • Professor Reint Gropp, Chef IWH Halle
  • Heiko Weckbrodt, Wirtschaftsjournalist, Hightech-Blogger und Autor des Buches "Die Innovationspolitik in der DDR 1971-1989"
  • Dr. Natalia Stolyarchuk, Referentin für Future Computing & Microelecotronis beim IT-Branchenverband Bitkom'

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Dr. Natalia Stolyarchuk, Referentin für Future Computing & Microelecotronis beim IT-Branchenverband Bitkom
Dr. Natalia Stolyarchuk, Referentin für Future Computing & Microelecotronis beim IT-Branchenverband Bitkom: "90 Prozent der deutschen Industrieunternehmen sind auf Halbleiter angewiesen, für 80 Prozent sind sie sogar unverzichtbar. Projekte wie die neue Chipfabrik in Dresden tragen dazu bei, die Abhängigkeit von Halbleiter-Importen zu reduzieren, eigene Fähigkeiten und Kapazitäten aufzubauen und die Innovationskraft Deutschlands zu stärken. Das ist umso wichtige, als der Bedarf an Halbleitern auch in Schlüsselbereichen wie dem autonomen Fahren, erneuerbaren Energien oder Künstlicher Intelligenz künftig zunehmen wird."  Bildrechte: Natalia Stolyarchuk
Dr. Natalia Stolyarchuk, Referentin für Future Computing & Microelecotronis beim IT-Branchenverband Bitkom
Dr. Natalia Stolyarchuk, Referentin für Future Computing & Microelecotronis beim IT-Branchenverband Bitkom: "90 Prozent der deutschen Industrieunternehmen sind auf Halbleiter angewiesen, für 80 Prozent sind sie sogar unverzichtbar. Projekte wie die neue Chipfabrik in Dresden tragen dazu bei, die Abhängigkeit von Halbleiter-Importen zu reduzieren, eigene Fähigkeiten und Kapazitäten aufzubauen und die Innovationskraft Deutschlands zu stärken. Das ist umso wichtige, als der Bedarf an Halbleitern auch in Schlüsselbereichen wie dem autonomen Fahren, erneuerbaren Energien oder Künstlicher Intelligenz künftig zunehmen wird."  Bildrechte: Natalia Stolyarchuk
Ein Porträt von Prof. Reint Gropp
Professor Reint Gropp, IWH-Chef Halle:
"Ich sehe den internationalen Subventionswettlauf kritisch. Die öffentliche Förderung der neuen Infineon-Fabrik in Dresden beträgt eine Million Euro pro Arbeitsplatz, das ist zu viel. Der Staat bezuschusst damit sehr großzügig ohnehin schon profitable Unternehmen. Dabei ist ungewiss, ob es in Zukunft überhaupt große Engpässe bei Halbleitern geben wird. Am Ende bauen wir mit Hilfe öffentlicher Gelder Kapazitäten auf, die wir möglicherweise gar nicht benötigen. Langfristig gesehen wäre das Geld statt in den Ausbau vorhandener Produktionskapazitäten besser in die Förderung von Forschung und Entwicklung investiert – sowohl in Hochschulen und Forschungseinrichtungen als auch in Unternehmen."
Bildrechte: IWH/Fotowerk
Sandra Yvonne Stieger, Wirtschaftsbürgermeisterin Magdeburg.
Sandra Yvonne Stieger, Wirtschaftsbürgermeisterin Magdeburg: "Mikrochips gehören heute zur kritischen Infrastruktur. Wenn wir den Schritt in die Zukunft schaffen und sowie Digitalisierungs- und Transformationsprozesse umsetzen wollen, benötigen wir diese kleinen Bauteile zwingend. Die Covid19-Pandemie hat uns deutlich vor Augen gehalten, wie anfällig globale Lieferketten sind. Wir dürfen uns nicht vollständig abhängig davon machen. Dazu brauchen wir Produktion von Mikrochips aber auch anderer kritischer Infrastruktur in Europa. Zu glauben, dass Unternehmen altruistisch diesen Weg mitverfolgen, ist naiv." Bildrechte: Sandra Yvonne Stieger
Heiko Weckbrodt, Wirtschaftsjournalist, Hightech-Blogger und Autor des Buches "Die Innovationspolitik in der DDR 1971-1989"
Heiko Weckbrodt, Wirtschaftsjournalist, Hightech-Blogger: "Wenn Infineon und vielleicht bald auch TSMC in Dresden viel Geld in neue Chipwerke stecken, dann fließen hier DDR-Innovationspolitik, die Nachwende-Wirtschaftspolitik in Sachsen, Antworten auf gestörte Lieferketten, globale Subventionswettläufe und viele weitere Entwicklungslinien zusammen. Sachsen wird daran wachsen - wirtschaftlich, technologisch, aber auch kulturell." Bildrechte: Heiko Weckbrodt
Ein Mann in einem Interview, Frank Bösenberg.
Frank Bösenberg, Geschäftsführer des Hightechnetzwerks "Silicon Saxony": "Mikroelektronik ist und bleibt eine Wachstumsbranche. Daher gilt es durch Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen, die damit verbundenen Chancen für die Region vollständig zu nutzen." Bildrechte: MDR SACHSEN
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Im Interview

  • Dirk Hilbert, Oberbürgermeister Dresden
  • Dr. Uwe Müller, Abteilungsleiter Wasser, Boden, Kreislaufwirtschaft beim Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie zum Wasserbedarf durch die neuen Industrieansiedlungen

Die Halbleiterproduktion in Europa stärken, den Anteil an der globalen Produktion verdoppeln und gleichzeitig unabhängig werden von Asien, Lieferketten-Problemen und möglichen Konflikten um Taiwan – das ist ein Ziel der aktuellen Wirtschaftspolitik in Deutschland und auch der EU. Der "European Chips Act" soll den Ausbau der europäischen Mikrochipindustrie mit 43 Milliarden Euro vorantreiben.

Ein wichtiger und großer Teil der Halbleiter-Standort ist das "Silicon Saxony“ in der Region Dresden. Neben der geplanten Intel-Fabrik in Magdeburg entsteht hier gerade mit Milliardenförderung ein neues Werk des Halbleiter-Produzenten Infineon, Bosch hat bereits vor zwei Jahren sein neues Werk eröffnet und will weiter ausbauen. Gleichzeitig ist Dresden im Gespräch für einen Standort von TSMC , einem der weltgrößten Chiphersteller.

Subventionen für rentable Unternehmen

Doch ist es überhaupt gerechtfertigt, rentable Unternehmen mit Milliarden zu fördern? Wie viel politische Strategie steckt in den aktuellen Plänen und wie viel davon ist gut? Kritik von Forschenden des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) an der Ansiedlung von Intel hat für Aufsehen gesorgt. "Der Staat bezuschusst großzügig ohnehin schon profitable Unternehmen. Dabei ist ungewiss, ob es in Zukunft überhaupt große Engpässe bei Halbleitern geben wird“, erklärte IWH-Chef Reint Gropp. Ein Experte der Denkfabrik "Stiftung Neue Verantwortung“ sprach im Gespräch mit MDR SACHSEN von einer nur scheinbaren Unabhängigkeit. Europa bleibe weiter abhängig von Chemikalien, Rohstoffen und Produktionsschritten in der Nachbereitung der Wafer.

Podcast

Ein Mann in weißem Overall und Handschuhen steht vor einem transparenten Bildschirm und berührt ihn, der Hintergrund ist gelb. 121 min
Bosch hat bereits eine neue Fabrik in "Silicon Saxony" gebaut und will seine Kapaztitäten mit 250 Millionen Euro weiter ausbauen. Bildrechte: Bosch
121 min

Der Osten setzt auf High-Tech. Sind die mit Milliardensubventionen neu geplanten Chipfabriken von Infineon & Co eine Riesenchance oder eine übertriebene Geldspritze, die im Weltmarkt verpufft?

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Di 13.06.2023 08:04Uhr 120:51 min

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Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Wie kann Sachsen profitieren?

Sachsen hat sich schon lange als Halbleiter-Standort etabliert. Was bedeuten die neuen Chipfabriken für “Silicon Saxony“ und die Region Dresden? Sind die neuen Ansiedlungen das Ergebnis der jahrelangen Leuchtturmpolitik oder eher der veränderten wirtschaftspolitischen Lage und der Halbleiter-Offensive "European Chips Act", oder beides? Woher sollen die Fachkräfte kommen? Können Sachsen und die Region Dresden von dem Ausbau profitieren – und falls ja wie?

Zusätzlicher Bedarf an Wasser, Wohnungen und Schulen

Gleichzeitig stellt der Ausbau der Chipwerke die Region vor neue Fragen und Herausforderungen. Wie bereitet sich Dresden auf den Zuzug Tausender Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor? Gibt es genug Wohnungen, Kita-Plätze und Schulen? Straßen und Verkehr werden bei Ansiedlungen oft mit gedacht, doch wie sieht es mit sozialer und kulturelle Infrastruktur aus?

Die Halbleiterindustrie gilt als sehr wasserintensiv – laut groben Schätzungen pro Chip etwa 30 Liter. Fällt in dem von Dürre gebeutelten Sachsen überhaupt genug Wasser ab, um die Produktion der Chips zu bedienen? Kann die Trinkwasser-Versorgung garantiert werden?

Über Chancen und Grenzen des Halbleiterbooms in Sachsen und Mitteldeutschland sprechen wir bei Dienstags direkt.

Moderation: Jan Kummer
Redaktion: Katrin Tominski'
Redaktionsleitung: Ines Meinhardt

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | MDR SACHSEN | 30. Mai 2023 | 20:00 Uhr