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Nach dem Hafturteil für Lina E. kam es in mehreren Städten zu Demonstrationen. Bildrechte: IMAGO / Jannis Große

Nach Urteil im Fall Lina E. Politik diskutiert über Umgang mit Linksextremismus

05. Juni 2023, 10:08 Uhr

Der Fall der Gruppe um Lina E. zeigt, dass die linksextreme Szene nicht vor Gewalt zurückschreckt. Auch Extremismusforscher Oliver Decker von der Uni Leipzig beobachtet, dass die Szene Gewalt als legitim ansieht, um politische Ziele zu erreichen. Ob der Staat den Linksextremismus unterschätzt hat, sehen Landtagsabgeordnete aus Sachsen und Thüringen aber sehr unterschiedlich.

Carsten Hütter fühlt sich und andere Bürgerinnen und Bürger vom Staat nicht ernst genommen. Der sicherheitspolitischer Sprecher der AfD im sächsischen Landtag sagt, in Sachsen würden die verschiedenen Extremismusformen nicht gleichberechtigt behandelt.

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Der Staat, so behauptet er, würde einseitig gegen Rechtsextremismus vorgehen, Linksextremismus aber außer Acht lassen: "Man macht riesengroße Konzepte gegen Rechts, die sicherlich eine gewisse Bewandtnis haben und auch eine Berechtigung, aber dann muss man alle anderen Phänomenbereiche auf Augenhöhe bringen und letztendlich gegen Linksextremismus und religiösen Extremismus in gleicher Weise mit gleichem Personalansatz auch vorgehen."

Maßnahmen gegen Linksextremismus

Dass der Staat gar nichts oder zu wenig gegen linksextreme Personen und Gruppen unternimmt, will Ronny Wähner nicht stehen lassen. Der CDU-Politiker aus Sachsen nennt etwa die Soko LinX, eine Spezialabteilung im Landeskriminalamt. Seit 2019 ist die Sonderkommission zuständig für die Aufklärung linksextremistischer Straftaten. Wenn es keine Polizeiarbeit in diesem Bereich gäbe, wäre es auch nicht zur Verurteilung von Lina E. gekommen, sagt Wähner.

Trotzdem fordert er weitere Werkzeuge für die Polizei: "Dazu gehören für uns als CDU auch Online-Durchsuchungen und Telefonüberwachungen, die dann in den entsprechenden Gesetzen nachgezeichnet werden müssen."

Mehr rechtsextreme Straftaten

Der Thüringer Linken-Abgeordnete Sascha Bilay sieht eine größere Gefahr von Rechts statt Links. Links- und Rechtsextremismus dürften nicht gleichgesetzt werden: "Ich stelle erstmal fest, das Problem ist bei der extremen Rechten zu finden, wenn ich mir die offiziellen Statistiken der politisch motivierten Kriminalität anschaue. Ich hab auch nicht den Eindruck, dass die Polizeibehörden in Thüringen zu wenig Personal oder zu schlechte Technik hätten, um die Fälle aufzuklären und zu bearbeiten."

Ein Blick in die Statistik zeigt: Bundesweit gab es im vergangenen Jahr über 23.400 Straftaten, die als rechtsextrem eingestuft wurden. Die Zahl der politisch motivierten Straftaten von Links lag mit über 6.900 Fällen deutlich darunter. Mit Blick auf die Gewalttaten wird der Abstand zwischen Rechts und Links allerdings geringer. So gab es 2022 über 1.100 rechte und mehr als 840 linke Gewalttaten.

Für Dorothea Marx ist es wichtig, auch mit der linken Szene selbst darüber ins Gespräch zu kommen. Sie ist innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion in Thüringen: "Man muss auch die Motivation stärker erforschen. Wie kommt es, dass geglaubt wird, dass Gewalt gegen Menschen ein legitimes Mittel sein könnte? Dass man auch in der Szene Diskussionen anregt, wie es sein kann, dass man derart eskaliert. Eigentlich ist es auch kontraproduktiv für die verfolgten Ziele."

Schwere Straftaten – so die SPD-Politikerin, dürften in keiner Weise Mittel für die politische Auseinandersetzung sein.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 02. Juni 2023 | 06:00 Uhr

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