Katharina Schulze und Ludwig Hartmann, Spitzenkandidaten der bayerischen Grünen für die Landtagswahl, auf der Bühne während des Parteitags. Fotografiert von hinten durch ein aufgestelltes Sonnenblumen-Symbol.
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Katharina Schulze und Ludwig Hartmann, Spitzenkandidaten der bayerischen Grünen für die Landtagswahl, auf dem Parteitag

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Dauerfeuer auf Söder: Der Wahlkampfton der Grünen wird rauer

"Populismus" und "Schmutz", "Lügen" und "Hetze", "Fake-News" und "Kulturkampf": Auf ihrem Parteitag in Erlangen versuchen es Bayerns Grüne mit einer härteren Gangart gegen CSU-Chef Söder. Dem aktuell heikelsten Thema weicht das Spitzenpersonal aus.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Der Politiker, dessen Name mit Abstand am häufigsten zu hören ist auf dem Grünen-Landesparteitag in Erlangen, wohnt zwar nur 20 Kilometer entfernt in Nürnberg - ist aber erwartungsgemäß nicht da. Ein Dutzend Mal erwähnt Grünen-Landeschefin Eva Lettenbauer zum Auftakt am Freitagabend den Namen Söder, fast zwei Dutzend Mal fällt er in der Duo-Rede der Spitzenkandidaten Katharina Schulze und Ludwig Hartmann am Samstag: Scharfe Attacken auf Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) ziehen sich wie ein roter Faden durch die Parteitagsreden.

Vor genau zwei Wochen hatte Söder auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg einmal mehr die Grünen hart angegangen. Polemik gegen die Berliner Ampel, allen voran die Grünen, ist seit Monaten eine tragende Säule des CSU-Wahlkampfs. Die bayerischen Ampel-Politiker tun sich angesichts von Söders PR-Geschick bisher schwer, darauf eine adäquate Antwort zu finden.

In Erlangen nun versuchen es die Grünen mit einer Strategie nach dem Motto: Wie Söder in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Zwar hatten sie auch bisher nicht mit Kritik am CSU-Chef gespart, ihm beispielsweise eine Ego-Show vorgeworfen. Aber Erlangen markiert einen rhetorischen Wendepunkt: Der Wahlkampfton der Grünen wird rauer.

Lettenbauer warnt vor Spaltung der Gesellschaft

Landeschefin Lettenbauer gibt die Richtung schon zum Auftakt des Parteitags am Freitagabend vor. Der CSU-Chef verbreite Unwahrheiten und Erfundenes. "Bayern braucht diese Hetzen und diese Lügen von Söder nicht." Dieser Populismus spalte die Gesellschaft, sagt Lettenbauer und spricht von "Griesgrämigkeit" und "Schmutz". Anschließend beklagt die Chefin der bayerischen Grünen-Landesgruppe im Bundestag, Jamila Schäfer, "Desinformationskampagnen" und wirft der CSU vor, "immer mehr auf Kulturkampf" zu setzen.

Schulze will kein "Rumgesödere"

Schulze und Hartmann konzentrieren sich zwar in erster Linie darauf, Söders Klima- und Energiepolitik auseinanderzunehmen und ihren Gegenentwurf zu skizzieren. Sie erläutern ihre Vision einer staatlichen bayerischen Energiegesellschaft, die günstigen Strom aus Geothermie, Sonne, Wind und Wasser sichert.

Doch auch das Spitzenkandidaten-Duo nimmt den Ball vom Vortag auf. In keinem Wahlkampf bisher habe er es in diesem Ausmaß erlebt, dass der politische Mitbewerber "Fakten verdreht" und Menschen mit Fake-News Angst mache, sagt Hartmann. Schulze kritisiert, Söder sage beim Thema Heizung "buchstäblich die Unwahrheit". Bayern habe keine Zeit für "weitere fünf Jahre Rumgesödere und Rumgeaiwangere".

Lob für Habeck

Deutlich seltener als Söder, aber immerhin ein paar Mal wird Robert Habeck erwähnt: Das Wirken des Bundeswirtschaftsministers präsentieren die bayerischen Parteifunktionäre als grüne Erfolgsgeschichte. Habeck habe Deutschland durch einen schweren Winter geführt und für sichere Energie gesorgt, lobt Lettenbauer. Hartmann würdigt Habecks Einsatz für die Energiewende. "Er hat in kürzester Zeit die erneuerbaren Energien entfesselt wie kein anderer vor ihm", betont er. "Ein ganz herzliches Dankeschön."

Der Name Graichen fällt nicht

Den Namen von Habecks entlassenem Staatssekretärs Patrick Graichen dagegen nimmt das bayerische Grünen-Spitzenpersonal nicht in den Mund. Dabei prägte in den vergangenen Wochen niemand so sehr die Berichterstattung über die Partei wie die Trauzeugen-Affäre um Graichen. Söder hatte auf dem CSU-Parteitag die Personalpolitik des Wirtschaftsministeriums insgesamt angegriffen. "Die ganze grüne Sippe wird da irgendwie beschäftigt", sagte er. "Das ist nichts anderes als grüne Korruption."

Den Gegenangriff in Erlangen führt Landesgruppen-Chefin Schäfer: Die Grünen müssten sich von der "Partei der Amigos und Maskendealer" keine Korruption vorwerfen lassen. "Dass sich Leute, die seit Jahren an der Energiewende gemeinsam arbeiten, zum Teil privat kennen, das ist keine Korruption", betont sie. "Korruption ist, wenn Monika Hohlmeier und Andrea Tandler Kontakte und Steuergeld zur privaten Selbstbereicherung nutzen und Maskendeals machen", ruft sie unter dem Jubel der Delegierten.

"Fehler" im Bundeswirtschaftsministerium

Zwar erwähnt auch Schäfer den geschassten Staatssekretär nicht namentlich, spricht aber immerhin von "berechtigter Kritik" an "Fehlern" im Wirtschaftsministerium. Und sie thematisiert - anders als die Landes- und Fraktionschefs - auch die Reibungen in der Ampel-Koalition. "Ich will gar nicht darum herumreden: Die Ampel-Regierung muss nicht nur besser kommunizieren, sondern auch manches besser machen." Auch Handlungsbedarf beim Heizungsgesetz räumt sie ein. "Ich verspreche euch: Wir werden beim Gebäudeenergiegesetz noch viele Anliegen berücksichtigen."

Ein Minus im BayernTrend

Im BR24 BayernTrend kamen die Grünen diese Woche bei der Sonntagsfrage auf 16 Prozent - zwei Prozentpunkte weniger als im Januar. Auch dieses Minus ist in den Parteitagsreden kein Thema. Stattdessen bekräftigt Hartmann das Ziel, dass im Herbst "gegen uns keine Regierung gebildet werden kann". Angesichts der Umfragewerte von zusammen 51 Prozent für CSU und Freie Wähler ist das aus heutiger Sicht ein überaus ehrgeiziges Ziel.

Während Beobachter über einen Zusammenhang zwischen Umfragewert und Causa Graichen spekulieren, bleibt auf dem Podium eine solche Ursachenforschung aus. Stattdessen verbreitet das Spitzenpersonal Optimismus und probiert es zugleich mit dem neuen Wahlkampfsound. Der Landtagswahlkampf wird damit härter. Ob sich das für die Grünen lohnen wird, bleibt abzuwarten.

CSU-General Huber schießt zurück

Denn CSU-Generalsekretär Martin Huber lässt postwendend keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Christsozialen alles mindestens mit gleicher Münze zurückzahlen werden: "Der Landesparteitag der Grünen ist eine einzige Desinformationsveranstaltung. Eine falsche Behauptung jagt die nächste", echauffiert sich Huber. "Niemand will eine Miesmachpartei in der Regierung." Grünen-Politikerin Schäfer wiederum reagiert auf diese Attacke via Twitter: "Das ist Trump-Strategie in Reinform."

Während sich seine Grünen-Herausforderer Schulze und Hartmann am Samstagvormittag an Söder abarbeiten, bekommt der Ministerpräsident selber davon wenig mit. Er sitzt in der Münchner Theatinerkirche bei der prunkvollen kirchlichen Hochzeit von Ludwig Prinz von Bayern, Ururenkel des letzten Bayern-Königs Ludwig III., und seiner Braut Sophie-Alexandra. Die Auseinandersetzung mit den Grünen überlässt der CSU-Chef seinem Generalsekretär.

Der Leiter der BR-Redaktion Landespolitik, Achim Wendler
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Der Leiter der BR-Redaktion Landespolitik, Achim Wendler

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