Kommen nach der Cannabis-Legalisierung bald scharenweise Franzosen nach Baden-Württemberg wie zum Beispiel in die Grenzstadt Kehl, um dort zu Kiffen? Das zumindest befürchtet BW-Innenminister Thomas Strobl (CDU). Auf dem Bild raucht ein junger Mann einen Joint. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Annette Riedl)

Mehr Joints in Grenzregionen?

Cannabis-Legalisierung: Strobl fürchtet Kiff-Tourismus - Kehls OB unbesorgt

Stand

Franzosen, die zum Kiffen nach Deutschland kommen - das befürchtet BW-Innenminister Strobl (CDU). Der Oberbürgermeister von Kehl sieht die Cannabis-Legalisierung dagegen gelassen.

Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) warnt angesichts der anstehenden Legalisierung von Cannabis vor Problemen an den Grenzen. Sein Innenministerium fordert, dass es deutlich weniger "Cannabis-Vereinigungen" in Grenzregionen geben dürfe, um einem "Cannabis-Tourismus" entgegenzutreten.

Zudem müsse die Bundespolizei an der Grenze zu Frankreich künftig verstärkt kontrollieren, um den Ein- beziehungsweise Ausfuhrschmuggel von Cannabis zu unterbinden. "Unsere Polizei muss mehr Einsatz zeigen, um die negativen Folgen der Entscheidung der Ampel vor Ort abzumildern", sagte der CDU-Politiker. Man werde keine Ausdehnung des Schwarzmarktes tatenlos tolerieren.

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Nach Cannabis-Legalisierung scharenweise französische Touristen?

Strobl befürchtet, dass Kommunen in der Nähe der Grenze von der vom Bund beschlossenen Teillegalisierung von Cannabis unmittelbar betroffen sein werden. Er vergleicht die Situation mit den Regelungen bei Glücksspielautomaten. So hätten restriktivere gesetzliche Regelungen in Frankreich zu einer erheblichen Dichte an Glücksspielautomaten in der Grenzstadt Kehl geführt, die von französischen Grenzgängern genutzt würden. "Ein vergleichbarer Grenztourismus von Frankreich nach Baden-Württemberg ist bei einer teilweisen Legalisierung von Cannabis in Deutschland daher ebenfalls naheliegend." In Frankreich ist der Konsum von Cannabis illegal.

Der Oberbürgermeister der Grenzstadt Kehl, Wolfram Britz (parteilos), sieht die teilweise Legalisierung dagegen gelassen: "Es wird keine lizenzierten Geschäfte geben, der Verkauf und die Weitergabe von Cannabis bleiben verboten - damit sind unsere Hauptsorgen vom Tisch", so Britz. Einen "Cannabis-Tourismus" aus Frankreich erwartet er daher nicht.

Weitergabe und Verkauf bleiben verboten. Wer sich Cannabis besorgen möchte, kann und wird das weiterhin auf dem Schwarzmarkt tun.

Bisher keine Genehmigungsanfragen für Cannabis-Vereine in Kehl

Zwar hatte Britz vor einem Jahr die Befürchtung geäußert, dass aufgrund der Teillegalisierung von Cannabis in der deutsch-französischen Grenzregion eine hohe Zahl neuer Cannabis-Vereine entstehen würden. Doch diese Sorge hat sich bisher nicht bewahrheitet. "Bislang haben wir in Kehl keine Genehmigungsanfrage für einen Anbauverein", sagte Britz. Und sollte es bald welche geben, dürfte auch das keinen Kiffer-Tourismus auslösen. "Soweit es uns bekannt ist, dürfen nur Personen Mitglied werden, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben", so der Oberbürgermeister.

Den Vergleich mit der Zunahme von Glücksspielautomaten oder auch dem Tabakverkauf kann er nicht nachvollziehen, da im Fall von Cannabis keine öffentlichen Verkaufsstellen eingerichtet werden. Auch beim Hauptzollamt in Lörrach, das für die Kontrollen zuständig sein wird, sieht man aktuell keinen Anlass für verstärkte Grenzkontrollen, wie eine Pressesprecherin dem SWR sagte.

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Cannabis-Gesetz: Bis zu 25 Gramm zum Eigenkonsum erlaubt

Das neue Gesetz erlaubt Erwachsenen ab 18 Jahren grundsätzlich den Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung sollen drei Cannabispflanzen legal werden und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Zugelassen wird auch die Abgabe der Droge über Anbauvereinigungen. In diesen Clubs dürfen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben - im Monat höchstens 50 Gramm je Mitglied. Minderjährigen ist der Zutritt zu diesen Clubs verboten.

Darüber hinaus wird besonders auf die Suchtvorbeugung geschaut. Deshalb müssen die Clubs einen Präventionsbeauftragen benennen und ein Jugendschutzkonzept vorlegen. Werbung ist den Clubs verboten und es sind Abstandsregeln zu Kindergärten, Schulen, Spielplätzen und Jugendeinrichtungen einzuhalten.

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Lucha: Ziel ist, Konsum zu reduzieren

Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) betonte, Ziel bei der Umsetzung des neuen Gesetzes müsse sein, den Konsum im Gesamten zu reduzieren. "Das machen wir mit den umfangreichen Informations-, Beratungs- und Präventionsmaßnahmen, um auch gesundheitliche Risiken für Konsumentinnen und Konsumenten von Cannabis zu reduzieren", sagte er.

Bisher ist der Umgang mit Cannabis seiner Ansicht nach gescheitert. Der Schwarzmarkt blühe und die Strafverfolgungsbehörden seien mit Verfahren gegen Konsumierende übermäßig belastet. Zudem habe die Strafverfolgung bis heute keinen Einfluss auf das Konsumverhalten, so Lucha.

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