Tausende Einsatzstunden ehrenamtlicher Helfer

Hochwasserschäden in BW: 25 Millionen Euro Fluthilfe ausgezahlt

Stand
Autor/in
Astrid Meisoll
Astrid Meisoll steht im Gang eines SWR-Gebäudes.

Der Fluthilfe-Topf des Landes ist fast komplett ausbezahlt. Gleichzeitig muss sich BW auf eine steigende Hochwassergefahr einstellen. Eine Hochwasserbilanz des vergangenen Sommers.

"Außergewöhnlich" nennt die Hochwasservorhersagezentrale in Baden-Württemberg die Hochwasser im vergangenen Jahr. Ende Mai bis Anfang Juni hatte es die Kreise Rems-Murr, Göppingen und Reutlingen besonders getroffen. An rund 18 Pegeln im Land gab es Hochwasser, wie es statistisch gesehen nur alle 100 Jahre vorkommt. An weiteren 12 Pegeln gab es Wasserstände, wie sie alle 50 bis 100 Jahre auftreten.

Baden-Württemberg ist in solchen Lagen extrem auf die Hilfe von Ehrenamtlichen angewiesen. Denn egal, ob Feuerwehr, Technisches Hilfswerk oder Rotes Kreuz - diese Organisationen arbeiten zu über 90 Prozent mit Ehrenamtlichen. Insgesamt waren nach Angaben des Innenministeriums beim Hochwasser im Mai und Juni rund 5.500 Helferinnen und Helfer im Einsatz. Alle überwiegend ehrenamtlich. Wie viele Arbeitsstunden bei einem einzelnen Sturmtief anfallen können, zeigen Daten des Technischen Hilfswerks THW. Das Tief Orinoco im Juni sorgte über mehrere Bundesländer hinweg für 41.000 Einsatzstunden.

Beim Neujahrsempfang der baden-württembergischen Landesregierung wurden am Freitag Einsatzkräfte und ehrenamtliche Helfer und Helferinnen geehrt. SWR-Reporterin Astrid Meisoll berichtete von vor Ort:

Innenminister: Ehrenamt "das Rückgrat des Bevölkerungsschutzes"

Das Innenministerium erkennt an: "Das Ehrenamt ist in Baden-Württemberg das Rückgrat des Bevölkerungsschutzes. Ohne Ehrenamt ist kein Staat zu machen, schon gar nicht im Bevölkerungsschutz. Das staatliche Gemeinwesen und die Demokratie hängen unerlässlich davon ab, dass es Menschen gibt, die sich einbringen."

In Hochwasserlagen kann das THW beispielsweise mit mobilen Hochwasserpegeln automatisiert den Wasserstand überwachen, erklärt Sprecher Peter Buß. Hochleistungspumpen können bis zu 25.000 Liter pro Minute Wasser befördern. Bei den Aufräumarbeiten rücken mobile Räumgruppen an - Radlader und Bagger, um die Straßen frei zu räumen. In Rudersberg im Rems-Murr-Kreis waren im vergangenen Sommer allein fünf solcher Gruppen gleichzeitig im Einsatz. Statiker überprüfen, welche Gebäude einsturzgefährdet sind.

Aufzeichnungen zeigen: Hochwassergefahr steigt

Es ist davon auszugehen, dass Hochwasser zunehmen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben dafür die Daten von 116 Pegeln in Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz untersucht. Von 1932 bis 2020 stiegen die Hochwasserstände im Schnitt an mehr als jedem zweiten Pegel - vor allem im Winterhalbjahr.

Die Hilfsorganisationen stellen sich darauf ein, in dem sie technisch aufrüsten und beispielsweise neues Gerät anschaffen, um in Hochwassersituationen ausgelaufenes Öl und Benzin aus dem Gewässer zu filtern.

600 Millionen Euro Schaden – Fluthilfe fast komplett ausgezahlt

Die Schäden durch die Hochwasser in Mai und Juni beziffert das Innenministerium inzwischen auf 600 Millionen Euro. Straßen sowie Schienen der Wieslauftalbahn und der Schwäbischen Waldbahn müssen wieder neu hergerichtet werden. Allein in die Landesstraßen müssen 50 Millionen Euro investiert werden, wurde jüngst im Innenausschuss bekannt.

Das Land hat eine Hochwasserhilfe eingerichtet, die aber bei weiterem nicht alles abdecken kann. 25 Millionen Euro gab es zusätzlich. Der Großteil davon ist bis auf einige Restbeträge komplett ausbezahlt. Darüber hinaus gibt es 29 reguläre Förderprogramme, an die sich die Kommunen wenden können. Das Land musste zunächst selbst erkunden, welche Förderprogramme dafür überhaupt infrage kommen. Die Städtebauförderung, das Entwicklungsprogramm "Ländlicher Raum" oder die Schulbauförderung sind Beispiele dafür. Weil 29 verschiedene Programme einigermaßen unübersichtlich sind, hatte das Innenministerium eigens dafür einen Koordinator eingesetzt.

Auch die Gemeinde Gondelsheim im Kreis Karlsruhe muss sich bei diesen regulären Förderprogrammen bedienen und kämpft weiter um Fluthilfe. In Gondelsheim gab es einige Monate später, im August, ein Hochwasser. Die Gemeinde macht laut Innenministerium Schäden in Höhe von 5,1 Millionen Euro geltend. Etwa die Hälfte davon könne nicht durch die regulären Förderprogramme abgedeckt werden. Das Innenministerium hatte die Schäden dort im Vergleich zu den Hochwassern in Mai und Juni als "in Relation nicht so gravierend" bezeichnet.

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