Eine Schülerin sitzt im Klassenzimmer. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Marijan Murat)

Staatliche Aufsicht gefordert

Nach Wahl in Türkei: Debatte um muttersprachlichen Unterricht in BW

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Kinder mit ausländischen Wurzeln lernen in BW auch in ihrer Herkunftssprache. Den Unterricht organisieren die Konsulate. Nach der Wahl in der Türkei gibt es daran Kritik.

Nach der Präsidentschaftswahl in der Türkei fordert die SPD-Fraktion im Landtag, den herkunftssprachlichen Unterricht in Baden-Württemberg unter staatliche Aufsicht zu stellen. Der SPD geht es vor allem um den Türkischunterricht.

Oftmals würden die Lehrkräfte eigens vom türkischen Staat nach Deutschland abgeordnet, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch der Deutschen Presse-Agentur. "Und das bedeutet neben dem Spracherwerb eben auch immer öfter eine direkte Beeinflussung der Lernenden durch eine zunehmend autoritäre Regierung." Die Landesregierung müsse beim Sprachunterricht deshalb dringend einen Kurswechsel vollziehen. "Die Lehrpläne müssen aus Stuttgart kommen und nicht aus Ankara", so Stoch.

Kultusministerium verweist auf hohe Kosten

Eine komplette Übernahme des muttersprachlichen Unterrichts durch das Land würde laut Ministerium knapp 79 Millionen Euro im Jahr kosten. Eine grundsätzliche Absage an die Forderung der SPD kommt aus dem Ministerium aber nicht. "Man muss einfach schauen, was das bezüglich der Ressourcen bedeuten würde", sagte ein Sprecher von Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne).

Man arbeite an einer Weiterentwicklung und wolle sich Zeit dafür nehmen, das Ergebnis der Wahl in der Türkei und seine Folgen zu analysieren. Grundsätzlich könne man den Unterricht durch die Konsulate nicht verbieten, heißt es vom Ministerium mit Verweis auf EU-Recht.

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Grüne und FDP teilen Bedenken der SPD

Rückendeckung für ihren Vorstoß bekommt die SPD von den Grünen im Landtag. Die Forschung sei sich einig, dass der Unterricht in der Herkunftssprache eine wichtige Voraussetzung für das Erlernen anderer Sprachen sein, sagte der bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Thomas Poreski. Problematisch sei bislang, "dass der Inhalt und die Pädagogik dieses Unterrichts in einigen Fällen - etwa der Türkei - nicht dem Standard eines demokratischen Rechtsstaats entsprechen".

Die Befürchtungen der SPD teilt auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. "In der Tat beobachte auch ich Aktivitäten des Erdogan-Apparats in Deutschland, die zum Ziel haben, junge Menschen zu indoktrinieren", sagte er. "Deshalb gehört Schulunterricht, der in Deutschland stattfindet, auch in Deutschland kontrolliert."

Die AfD sieht keinen Grund für eine Änderung der aktuellen Regelung. "Es kann nicht Aufgabe Baden-Württembergs sein, herkunftssprachlichen Unterricht anzubieten oder gar zu bezahlen", sagte deren bildungspolitischer Sprecher Rainer Balzer.

Türkische Gemeinde fordert Türkisch als reguläres Schulfach

Der Türkischen Gemeinde in Baden-Württemberg geht die Forderung der SPD dagegen nicht weit genug. "Wir fordern seit Jahren, dass Türkisch als ordentliche Fremdsprache an den Schulen in Deutschland eingeführt wird - unterrichtet von Lehrerinnen und Lehrern, die in Deutschland ausgebildet wurden", sagte deren Vorsitzender Gökay Sofuoglu. Schließlich sei Türkisch die am zweithäufigsten gesprochene Sprache in Deutschland. Nach Angaben des Kultusministeriums gibt es Türkisch bereits als reguläres Unterrichtsfach an weiterführenden Schulen im Land.

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