Kanzler Olaf Scholz hat ihn geprägt: den Begriff Zeitenwende. Diese wirkt sich jetzt konkret auf die Region Calw aus. Dort sitzt das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr, KSK. Die veränderte Sicherheitslage in Europa infolge des Krieges in der Ukraine hat konkrete Auswirkungen auch auf die Elitetruppe. Deren Aufgabengebiet sei größer geworden, und dafür benötige sie mehr Platz in der Kaserne. Das machten die Verantwortlichen am Dienstagabend bei einer Infoveranstaltung in Althengstett klar.
Oberst Küpper: Schwerpunkt des KSK liegt bei NATO-Einsätzen
Mit 450 interessierten Bürgern war die Festhalle in Althengstett bis auf den letzten Platz besetzt. Oberst Peter Küpper, stellvertretender Kommandeur des KSK, erläuterte zunächst die veränderten Aufgaben des Kommandos Spezialkräfte. Zwar stehe die Elitetruppe weiterhin für die Rettung von Deutschen aus Kriegs- oder Krisengebieten parat. Heute aber, so Küpper, liege der Schwerpunkt ganz klar in der Verteidigung des NATO-Bündnisses.
Ohne äußere Sicherheit ist alles andere nichts.
Dies sei auch der Grund, warum die Graf-Zeppelin-Kaserne in Calw, die Heimat des KSK, erweitert werden soll. Die in den 60er-Jahren entstandenen Gebäude seien allesamt in die Jahre gekommen. Um die Einsatzbereitschaft auf Grund von neuen NATO-Vorgaben zu gewährleisten, würden zum Beispiel Lagerflächen und Ausbildungszentren benötigt, machte der für Infrastruktur zuständige Offizier klar. Erweiterungsmöglichkeiten auf dem bestehenden Gelände seien längst ausgereizt. Dennoch fehlten noch immer rund 200 Unterkünfte für die Soldatinnen und Soldaten.

80 Grundstücksbesitzer bei Calw von KSK-Plänen betroffen
Cornelia Kessler von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben schätzt den Flächenbedarf auf etwa 23 Hektar - inklusive Ausgleichsmaßnahmen. Davon allein acht Hektar für die Neubauten. Geplant sei, die Kaserne nach Norden hin zu erweitern, also auf Althengstetter Gemarkung. Betroffen seien etwa 150 Äcker und Wiesengrundstücke von mehr als 80 Eigentümern.
Haut hier Putin 'ne Rakete drauf? Nö! Weil, wenn Putin kommt, ist hier keiner mehr. Dann sind wir schon längst woanders am Kämpfen.
Noch seien es nur grobe Planungen, noch bestehe viel Spielraum, gerade auch bei den Ausgleichsflächen, so die Experten. Einer der ersten Schritte werde sein, mit den Grundstückseigentümern in Verhandlung zu treten. Mit jedem wolle man individuelle und faire Lösungen finden, beteuerte Cornelia Kessler. Eine Enteignung käme nur im äußersten Notfall in Frage.
Mit der Erweiterung soll der Bundeswehrstandort Calw auch langfristig gesichert werden, machten die Redner klar. Die nötigen Investitionen werden auf rund 200 Millionen Euro geschätzt.

Kritische Fragen an das Kommando Spezialkräfte zu Lärm und Abständen
Wie geht der Ankauf der Flächen vonstatten? Hätte es nicht Alternativen gegeben? Bringt die Erweiterung womöglich mehr Lärmbelästigung für die Anwohner mit sich? In einer Fragerunde äußerten viele Bürger ihre Sorgen und Bedenken. Darunter auch Vertreter einer Bürgerinitiative, die grundsätzliche Bedenken an der Sinnhaftigkeit des Vorhabens äußerten. Manche Sorgen und Befürchtungen konnten die Redner ausräumen. Zusätzlicher Lärm etwa werde es nicht geben, da vor allem Wohnungen, Lagerhallen und Trainingsplätze gebaut würden.
Wir haben schon jetzt eine Schießanlage, in der jährlich Hunderttausende Schüsse fallen - und Calw-Heumaden kriegt davon nichts mit.
2029 soll Landerwerb für KSK-Erweiterung abgeschlossen sein
Zu vielen Detailfragen allerdings konnten die Redner noch keine befriedigenden Antworten geben. Den Abstand zur Wohnbebauung zum Beispiel konnten die Expertinnen der Bundesbauverwaltung noch nicht genau benennen. "Etwa die Länge eines Sportplatzes", schätzte Cornelia Kessler. Man stehe mit den komplexen Planungen noch ganz am Anfang, hieß es. Auch der Baubeginn ist noch ungewiss. Allein der Ankauf der Grundstücke werde sich wohl bis 2029 hinziehen, machte Oberst Küpper klar. Ob bis dahin auch schon die Bagger rollen, sei noch völlig ungewiss.