Erschossener US-Versicherungschef Mutmaßlicher Täter sieht sich offenbar als "Held"
Der mutmaßliche Täter im Fall des erschossenen US-Versicherungschefs hat offenbar ein handgeschriebenes "Manifest" verfasst. Die Polizei sieht darin Hinweise auf ein Motiv - und befürchtet Nachahmer.
Der Verdächtige im Fall der tödlichen Schüsse auf Brian Thompson, den ehemaligen Chef des US-Versicherungskonzerns United Healthcare, sieht sich nach Einschätzung der Polizei als "Held". Das geht aus einem Bericht der Polizei in New York hervor, der der New York Times und dem Sender CNN vorliegt.
"Er schien die gezielte Tötung des höchsten Unternehmensvertreters als symbolischen Schlag und direkte Aktion gegen die angebliche Korruption und die 'Machtspiele' des Unternehmens zu betrachten", zitieren die Medien aus dem Bericht. Sich selbst sehe Luigi M. als eine Art Held, der endlich beschlossen habe, gegen solche Ungerechtigkeiten vorzugehen. Der Mann sitzt in Untersuchungshaft.
Polizei warnt vor Nachahmern
Der Bericht stütze sich auf ein handgeschriebenes Schriftstück, das der Verdächtige bei seiner Festnahme am Montag bei sich gehabt habe. Die Beamten sprachen dabei von einem "Manifest".
"Ich habe dieses Manifest lesen können", sagte der Chefermittler der New Yorker Polizei, Joseph Kenny, dem Sender ABC. Der mutmaßliche Täter sei frustriert über die Gesundheitsversorgung in den USA gewesen. In seinem Text weise er darauf hin, dass das US-Gesundheitssystem das teuerste weltweit sei, die USA bei der Lebenserwartung aber nur auf Rang 42 stünden. "Er hat viel über seine Verachtung für US-Konzerne und insbesondere für die Gesundheitsindustrie geschrieben", erklärte Kenny.
Die Polizeibeamten hätten auch die Befürchtung geäußert, dass der 26-Jährige als "Märtyrer und Vorbild" gefeiert werde und Nachahmer inspirieren könnte.
Mord auf offener Straße
Am vergangenen Mittwoch war Thompson in New York auf dem Weg von seinem Hotel zur jährlichen Investorenkonferenz des Unternehmens auf offener Straße erschossen worden.
Der Täter hatte den 50-Jährigen vor einem Hotel im Viertel Midtown im Stadtbezirk Manhattan mit Schüssen in den Rücken getötet. Ermittler sprachen schnell von einer gezielten Tat. Auf Fahndungsfotos der Polizei ist der mutmaßliche Täter deutlich zu erkennen. Die Polizei hatte 10.000 Dollar Belohnung für dessen Ergreifung ausgesetzt.
Der Schütze habe allem Anschein nach einige Minuten auf der Lauer gelegen, sich seinem Opfer dann von hinten genähert und das Feuer eröffnet, erklärte die Polizei. Auf Patronenhülsen, die am Tatort gefunden wurden, sollen die Worte "deny", "defend" und "depose" (Etwa: verweigern/leugnen, verteidigen und absetzen/stürzen) gestanden haben - mutmaßlich in Anlehnung an eine Phrase, die Kritiker der Versicherungsindustrie nutzen.
Entrüstung im Netz
Die von Überwachungskameras gefilmte Tat und die öffentliche Fahndung nach dem Täter machten weltweit Schlagzeilen - auch, weil viele Menschen den Täter in den sozialen Medien verteidigten und wenig Mitgefühl für den getöteten CEO zeigten.
Pennsylvanias Gouverneur Josh Shapiro verurteilte die Tat. "Man tötet niemanden kaltblütig wegen politischer Fragen oder um damit seine Meinung kundzutun", erklärte der demokratische Politiker. Auch das Weiße Haus reagierte. "Auf Gewalt zurückzugreifen, um die Habgier von Unternehmen zu bekämpfen, ist nicht akzeptabel", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre.